Bereits gestern ließen Zola und Basco im Radio das vergangene Jahr musikalisch Revue passieren. Heute gibt’s auch endlich die Lielingstracks 2017 von (fast) all den tollen Leuten, die in diesem Jahr für uns einen Ashorecast aufgenommen oder bei Ashoreradio auf Reboot.fm vorbeigeschaut haben. Ein Rückblick auf die spannende Musik und speziellen Momente der vergangenen zwölf Monate.
Vielen Dank für ihre Favoriten, Texte, Podcasts, Radiobesuche und Musik an Kaep, Cuthead, Princess P, Basco, Glenn Astro, Monkey Maffia, Frinda di Lanco, Vivian Koch, Gunther, Hade, Zola, Giraffi Dog, DJ Nomad (von Africaine 808), Jonas Lion, DJ Office und Pellegrino (v. l. o. n. r. u.)! Die Mixe und Shows (bzw. Soundcloud-Profile) aller Teilnehmer sind im Artikel verlinkt, einfach auf das jeweilige Bild klicken. Vielen Dank zuletzt an Reboot.fm für den tollen Support!
Kaep:
Lanark Artefax – Touch Absence (Whities)
„Auf der Suche nach meinem Track des Jahres 2017 habe ich schon fast zwanghaft versucht, eine Alternative zu Lanark Artefax’s ‘Touch Absence’ zu finden. Aber Pustekuchen, es ist mir nicht gelungen. Dieser Track schafft es seit dem ersten Hören eine Gänsehautstimmung zu erzeugen, die mich immer wieder um den Finger wickelt. Da stimmt einfach alles. Die rohen Drums und die schwebenden Atmosphären scheinen erstmal alte Bekannte zu sein. Aber die Art und und Weise, wie leichtfüßig sie miteinander spielen und dabei so einen kompromisslos fesselnden Groove entwickeln, ist für mich auch nach gut einem halben Jahr immer noch erfrischend neu und nie langweilig. Irgendwie gelingt es Lanark Artefax, eine faszinierende Mischung aus Frühneunziger Warp-Nostalgie und fortschreitender Zukunftsvision zu entwickeln. Meiner Meinung nach ist der Track vollkommen zu Recht in etlichen Jahresbestenlisten zu finden.“
Cuthead:
Chuck Senrick – Don’t Be So Nice (Notes On A Journey)
„Als ich den Track ‘Don’t Be So Nice’ neulich in einem Mix gehört habe, musste ich gleich fünfmal ‘nen Rewind machen. Der Tune ist echt ein Hit und wurde von einem Bedroom-Producer in den Siebzigern gemacht. Ein Minimal-Setup entfaltet, richtig gemacht, doch immer noch die größte Wirkung bei mir. Wie beim Folk mit Gitarre und Stimme, hier nur mit Orgel und Rhythmuscomputer. Jetzt bekommt er mit der Reissue dank Jazzanova nach vierzig Jahren die verdiente Anerkennung.“
Princess P:
Toresch – Guayabame (Offen Music)
„2017 habe ich enorm viel gute Musik gehört, vor allem wieder vermehrt Konzerte. Dieser Track geht mir jedesmal unter die Haut, er funktioniert überall. Sei es vom kleinen Klub bis zum großen Rave. Die Aussage ist radikal und fordernd, ein Protestsong. Man kann ihn gut mitten in einem Techno-/House-Set spielen. Ab Minute 1:20 haut er so richtig rein mit einem warmen halftime Bass-Kick. Der Aufbau ist simpel und klar, das ganze Arrangement großartig. So genial, wie Detlef Weinrich aka Toulouse Low Trax uns immer wieder überraschen kann. Ich bekam die Platte von Vladimir Ivkovic geschenkt. Er legte letzten Oktober in einem meiner Lieblingsklubs, Klub Zukunft in Zürich, auf und hat versprochen, mir eine Kopie zu schicken. Zwei Wochen später lag die Platte in meinem Briefkasten. Somit verbindet mich mit der Platte eine persönliche Geschichte.“
Basco:
Yves Tumor – Limerence (PAN)
„Eigentlich ist dieser Track gar nicht 2017 erschienen, sondern schon 2015 auf dem selbstveröffentlichten Album When Man Fails You von Yves Tumor. Den hatte ich damals aber zum einen noch gar nicht auf dem Schirm, zum anderen erschien der Track in diesem Jahr noch einmal auf der grandiosen Mono No Aware-Compilation von PAN Records. Ein Label, das ich zuletzt nicht mehr immer komplett auf dem Radar hatte, doch um die Compilation gab es zurecht kein Herumkommen, zu viele schöne, experimentelle Ambient-Momente kamen hier zusammen. Und der für mich beste davon ist eben ‘Limerence’ von Yves Tumor. Viel passiert hier eigentlich nicht. Ein gelooptes Piano, ein paar Flächen, Sphären, ein Dialog. Alles fließt, und doch, oder gerade deswegen, könnte der Track von mir aus einfach ewig weiter laufen.“
Glenn Astro:
Taj Mahal – Dear Ladies (Columbia)
„Vorab muss ich gestehen, dass ich lange zwischen zwei Songs geschwankt bin. Auf der einen Seite Taj Mahals ‘Dear Ladies’ und auf der anderen Seite ‘Small Hours' von John Martyn. Entschieden habe ich mich am Ende dann doch für Taj Mahal. So ein gefühlt bluesiges Jahr braucht dann doch einen Blues-Soundtrack. ‘Dear Ladies’ ist ehrlich gesagt keine Neuentdeckung für mich, dennoch war der Song ein häufiger Begleiter und kleiner Trostspender, ob nun tatsächlich auf dem Plattenspieler oder nur summend in meinem Kopf. 2017 war für mich ziemlich stark von unerwarteten Veränderungen und persönlichen Enttäuschungen geprägt. Das mag nun kitschig und nach Klischee klingen, aber wie das nun mal so ist, sucht man in solchen Momenten etwas wärmendes und schönes, etwas das einem, wenn auch kurz, einen schöneren Gedanken bringt. Genau das tut der Song nämlich. Mir ist schon klar, dass es inhaltlich bei ‘Dear Ladies’ nicht unbedingt um die große Lebenskrise geht, aber vielleicht ist ja genau das auch das gute daran.“
Monkey Maffia:
Calibre – Lit (Signature Records)
„Ich war schon immer totaler Calibre-Fan, was seine Drum’n’Bass-Sachen angeht. Und 2005 gab es ein Stück namens ‘Don’t Watch This’, das habe ich geliebt. Den Track gab es aber lange nicht auf Platte, bis mir das Ding irgendwann auf 10″ in die Hände kam. Ich wollte dann noch mehr Housetracks von ihm, da kam aber leider nicht mehr wirklich viel. Anfang 2017 erschien dann sein neues Album The Deep, da war ‘Lit’ drauf, allerdings nicht auf der Vinylversion. Also habe ich mir das ganze digital besorgt, aber nur zum Hören für zuhause, ich spiele als DJ ja nur Platten. Und jetzt im Oktober stand dann im Fatplastics im House-Fach auf einmal eine Calibre-Platte drin. Ich dachte: Okay, Repress von der alten, aber das war ‘Lit’! Das hat mich total gefreut, wurde natürlich sofort gekauft und seitdem auch immer wieder gespielt.“
Frinda di Lanco:
Patricia Clerget – Féline ( Pathé Marconi EMI)
„Für viele läuft ja das Thema Musikbeschaffung so instant ab, wie auf einen Downloadlink gedrückt werden kann. Quasi so sexy wie ein Automatenkaffee, auf den Knopf gedrückt und schon kommt die Soße raus. Die rückwärtsgewandte Welt des Schallplattenhandels im Internet dagegen hat so rein gar nichts mit dem Gefühl der sofortigen Belohnung zu tun, die zugegebenermaßen eher flach ausfällt, wenn der Track irgendwo in den Unter- und Unterunterodnern des heimischen Rechners flöten gegangen ist. Bestellt man dagegen echte Tonträger im Netz, vermutlich auch noch solche, die es nur in fernen Ländern gibt, tauscht man nicht nur den Instantkaffee gegen einen quasi Handgefilterten, der erst mal seine vier Minuten durch den Dripper tropft, man macht außerdem unliebsame Bekanntschaft mit der Schmeißfliege des Versandhandels – den Shipping Costs. Um diese zu umgehen oder wenigstens zu mindern, legt man sich als verschlagener Schallplattenhai am besten ein Netzwerk an internationalen Beziehungen zu, die eben jene exotischen Platten aus fernen Länden bei sich anhäufen um sie dann gesammelt zu verschicken. Im Falle meiner vor ein paar Wochen auf Ebay in Frankreich erworbenen und dann verschollenen französischen Disco 45 von Patricia Clerget ist der Plan leider nicht so rosig aufgegangen. Vor kurzem meldete sich nämlich Dietrich aus Amerika, er hätte die begehrte Scheibe auf dem Tisch liegen. Doof! Wohl einmal Ebay Adresse nicht geändert und der Platte noch eine kleine Weltreise gegönnt!“
Vivian Koch:
Shokh – Vernication Seven (Omnidisc)
„Die Nummer des Jahres für mich produzierte ein mittlerweile sehr geschätzter Kollege und Freund namens Shokh. Ich erinnere mich an vergangenen Herbst, als mir die fertigen Masterstücke gezeigt wurden und ich fast vom Stuhl gefallen bin, als ich reinhörte. Seine EP erschien dann im Februar auf dem Label Omnidisc, was mich im Laufe des letzten Jahres auch am meisten beeinflusst hat. Ich kann mittlerweile ganz gut definieren, bei welcher Art von Musik etwas in mir passiert, auch wenn man abgesehen davon nicht alles kategorisieren sollte, was einem gefällt oder nicht. Dennoch hege ich wohl eine Liebe für antithetische Stücke, bei denen vermeintlich kontroverse Elemente zu einem Sound gebastelt werden – sowie bei ‘Vernication Seven’. Das elektrobasierte Grundgerüst, der kraftvolle Synth und das super düstere Vocal treibt enorm, dann baut sich aber so defensiv der String beziehungsweise diese Fläche im Hintergrund auf, die einen gänzlich in einen Sog ziehen. Ich kann gar keine Worte dafür finden, wenn etwas so düsteres mit leichten Melodien und hoffnungsvollen Stimmungen aufgebaut wird, ohne dass es bremsend wirkt. Wobei man nicht vergessen darf, dass die Platte dazu noch analog klingende Basics mit eher futuristischen Details wieder auffrischt und man es überhaupt in keine Schublade stecken kann. Holy crap, ein Hoch auf Shokhiboy und weitere Produktionen.“
Gunther:
Z 99 – Welcome To Paradise (Nightflight Version) (Safe Trip)
„’Welcome Τo Paradise’ habe ich irgendwann im Sommer entdeckt. Da war die Compilation von Young Marco schon eine Weile im Laden, aber die Genrebeschreibung Italian Dream House 89-93 hat zum Glück genügend Leute abgeschreckt. Ein Blick auf die Tracklist machte mich dann doch neugierig. Ich kannte keinen Einzigen der 22 Tracks – bis auf Leo Anibaldi nicht mal die Artists. Dabei dachte ich schon, ich hätte mich fast vollständig bis in die 80er durchgehört. Seitdem sind die vier Platten zu Hause ständig meine erste Wahl. Immer wenn ich mal kurz nicht weiß, was man denn hören könnte: Welcome To Paradise mit ihrem Hauch von Sueño Latino geht immer. Morgens, mittags, abends, nachts. Zum Frühstück, zur Arbeit, mit Freunden zur friendly Afterhour am Sonntagnachmittag, voll verknallt zu zweit oder doch wieder alleine auf dem Sofa. Immer! Ich habe mich jetzt ganz pragmatisch für den gleichnamigen Track dieser Compilation entschieden.“
Hade:
Mioko Yamaguchi – Satemo Appare Yume Zakura (Canyon)
„Lieblingssong des Jahre, hmpf, (für mich) eine der wahrscheinlich schwierigsten Aufgaben nach Navy-Seal-Training, Fernbusreisen oder am Sonntag rechtzeitig Abendessen bestellen, aber komm. Auf die eigentlich recht einfache Frage, welcher Track sich 2017 am nachhaltigsten eingeprägt hat, war dieser definitiv in den Top 3. An dem Song ist einfach alles richtig: Die schillernden DX7-Pianos, die satte Linn Drum und dann eben natürlich Miokos’ Gesang. Ich glaube, dass dieser Song eigens dafür geschrieben wurde, um auch endlich mal den ewigen Muckersatz ‘…ja, und erst die Chord Progressions’ von seiner To-do-Liste streichen zu können. Passenderweise: Auf Bascos Frage, welche drei Songs ich am liebsten zum Closing spiele, fand sich dieser bereits im Sommer unter meinen Antworten (Kategorie: Smoother Rausschmeißer) wieder. Ich will da jetzt gar nicht das ausgefledderte Wort ‘ahnbar’ benutzen, aber komm …“
Zola:
Body Music – Just One (Razor N Tape Reserve)
„Über zehn Jahre ist es her, da war ich großer Fan von The Rapture und habe sie sogar mal interviewt. Fangirl-Kreisch! Jetzt gab’s einen großen Aha-Moment, als ich im Pressetext zu meiner diesjährigen Lieblingsscheibe gelesen habe, dass der Rapture-Drummer Vito Roccoforte daran beteiligt war. Body Music ist sein gemeinsames Projekt mit Bosq von Whiskey Barons. Ihre ersten zwei Tracks sind Anfang des Jahres erschienen und haben mich die folgenden Monate immer begleitet. Sie passt in Disco-Sets genauso wie in House-Sets und ist unglaublich tanzbar. Auf dem Label auf Razor N Tape Reserve sind ohnehin einige wahnsinnig gute New Disco-Platten rausgekommen, die dem ewiggleichen Edit-Gedöns originelle Grooves entgegensetzen.“
Giraffi Dog:
New Musik – On Islands (GTO)
„Ich war dieses Jahr nur einmal so richtig auf dem Flohmarkt, und da hab ich diese Platte von New Musik aus so einem Ramschkarton gerettet. Total romantisch, war so ein Bauchgefühl-Kauf, also so ein Scheiss-Coverbild war drauf, aber irgendwie hab ich mir gedacht: ‘Die nimmste jetzt für den einen doofen Euro.’ Alle Alben von New Musik sind der Wahnsinn, das weiss ich jetzt, aber ich kannte kein einziges als ich dort stand. Das Lied ‘On Islands’ ist so der Pop-Superhit aus einem fernen, total coolen Paralleluniversum, in der New Musik Superstars sind, und ich auf ihrer letzten großen Tournee der Keyboarder sein darf.“
DJ Nomad (von Africaine 808):
Danielle Thermidor – Annie (Gaydem Production)
„This is a Haitian Coverversion of the popular africansong ‘Ami-o’ by Ebanda Manfred. Bebe Manga’s career started with covering this song, unfortunately this did not happen for Danielle Thermidor, who by far did the better Version. I probably own 5 different versions of the song, but this version i found only this year is the crown jewel. I played it at first track at Worldwide Festival this year , and it got pretty much all the french on the beach singing along.“
Jonas Lion:
Lorenzo BITW – 27 (feat. rAHHH) (Enchufada)
„The best tracks for me have to be danceable, yet ’emotional’ and fragile. This delicacy was made by two of my favorite current producers: the Roman Lorenzo BITW and the Londoner rAHHH, both of which I’ve known personally for a while. This composition represents 2017 for me: a year with a galloping pace, sad break-downs and hopeful build-ups. It’s just beautiful simplicity, making the track easy to DJ with – or to just put in a playlist while you have visitors over. It may not be something to rave to, but the melancholic flavor does hit all the right buttons.“
DJ Office:
DJ Sports – For Real For You (Firecracker Recordings)
„Juli 2017, in Leipzig, im Vary, draußen im Garten. Ein Hauch von Grill und Nudelsalat liegt in der Luft, entspannte Menschen und laute Musik. Micha alias Lekande feierte so sein erstes Plattenrelease, ‘As We Walked Through Fields’ auf Solid Rotation, ich habe ein dafür ein Set zwischen Ambient und Drum’n’Bass gespielt und natürlich auch in den Plattenregalen des Vary gestöbert. DJ Sports “Modern Species” war erst so ein Covergriff – schöne Haptik, ansprechende Grafik. Der Inhalt passte dann auch sofort beim ersten Höreindruck. Zurückgelehnte Breaks treffen auf Autechre-mäßige Flächen, das ganze Album flutscht in einem nur so durch. ‘For Real For You’ wurde schnell mein persönlicher Hit der Platte, die auch ganz gut 2017 zusammenfasst: Es gab ein Breaksrevival, schön runtergepitcht und mit 90er-Touch. Tolles Album!“
Pellegrino:
Bop & 291out – Che Male C’è (Early Sounds Recordings)
„A reflection in the mirror, a glance, a room in the dim light, this is the setting I imagine around ‘Che Male C’è’. I fell in love with it as soon as I’ve heard it. It’s a melancholic track that however retains its combatant spirit that does not give up even if ‘aware’. Bop & 291out (shouts to Luca) managed to put together some fundamental points of our 80’s generation (perhaps of all generations), that point where regrets of the past and the awareness of it collide with the hopes for the future, I see this record as an existential anthem.“