Dass es in den urbanen Zentren dieser Republik von elektronischen Musikveranstaltungen nur so wimmelt, dürfte mittlerweile wohl auch weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt sein. Dabei gelingt es aber nur einem kleinen Teil dieser Partys einen bleibenden Eindruck konzeptioneller Einzigartigkeit und musikalischer Progressivität zu hinterlassen. Vielmehr wird immer wieder auf altbewährte und tausendfach in der Praxis erprobte Rezepte zurückgegriffen, sei es musikalisch, thematisch oder gestalterisch. “Nur keine Experimente wagen” ist scheinbar vielerorts zum Imperativ für die hiesigen Organisatoren und Organisatorinnen diverser Veranstaltungen geworden. Aber eben aus Experimenten, dem Nichtvorhersehbaren, entstehen oftmals diese unvergleichlichen Nächte, welche einen dann mit einem Grinsen im Gesicht in die morgendliche Realität entlassen.
Als einen solchen Versuch könnte man auch die seit einiger Zeit in Leipzig stattfindende Veranstaltungsreihe Vertigo beschreiben. Schon die Promotexte evozieren beim Leser Fiktionen und Abstraktionen, ist dort eben von Traumbildern und Performance, von Darkroom und erwünschtem Dresscode die Rede. So wird neben der musikalischen Darbietung, welche übrigens über ein Function One Soundsystem Ausdruck findet, auch experimenteller Performancekunst Raum zur Entfaltung gegeben. Kurz gesagt, avantgardistischer Eskapismus. Es verwundert daher auch nicht, dass sich die bisher eingeladenen Künstler ebenso nahtlos in das von Vertigo lancierte Bild einpassen. Acts wie Traversable Wormhole, Rødhåd oder Ancient Methods stehen nämlich nicht für einen konsensfähigen Konfetti-Tech-House-Einheitsbrei, sondern für eine Art von Techno, der ein Gefühl postindustrieller Melancholie in sich zum Ausdruck bringt und somit auch als Spiegelbild einer postmodernen Gesellschaft gedeutet werden kann.
Für Samstag, den 2. Februar, steht nun die nächste Vertigo-Zusammmenkunft im Westwerk in Leipzig an, zu der die Veranstalter und Veranstalterinnen niemand geringeren als das Duo Dadub aus Berlin für ein Live-Set eingeladen haben. Deren raue und düstere Vision von Techno erscheint vor allem in Form von Vinyl auf dem großartigen Label Stroboscopic Artefacts, das aufgrund seiner bisherigen Releases mittlerweile eine Fangemeinde rund um den Globus vorweisen kann. Begleitet werden die beiden an diesem Abend von der wunderbaren Silva Rymd, bekanntlich Resident-DJ im Berliner Club ://about blank, Dead Baby In A Plastic Bag aus Leipzig und dem Mitveranstalter und Vertigo-Resident Subʞutan. Man kann also gespannt sein auf einen Abend voll Dunkelheit und Körperlichkeit.
Vertigo V
Samstag, 2. Februar, 23:45 Uhr
Westwerk Leipzig, Karl-Heine-Strasse 85-93
Line-Up
Dadub (Stroboscopic Artefacts, Berlin) – live
Dead Baby In A Plastic Bag (DBIAPB, Leipzig)
Silva Rymd (://about blank, Berlin)
Subʞutan (vertigo, IfZ, Leipzig)
Performance
Suka Off (Katowice, Polen)