In Leipzig tut sich was. Sogar richtig viel, und das nicht erst seit gestern. New York Times, Mieten, Clubs, ihr kennt das. Doch auch in Sachen Plattenläden ist seit Monaten Bewegung in der Stadt. Nachdem der Kann-Store Mitte 2014 leider dichtmachen musste, füllte schon wenig später Possblthings das Vinyl-Versorgungs-Vakuum in Leipzig. Anfang 2015 kam dank N° 9 noch ein weiterer Store hinzu. Und nun eröffnet in wenigen Wochen auch noch mit dem Vary eine Mischung zwischen Plattenladen und Café in der Eisenbahnstrasse 7 unweit des Leipziger Hauptbahnhofs.
Unter anderem mit dafür verantwortlich ist Falk Schenderlein aka Shape (links), den jeder, der unseren Blog regelmäßig verfolgt, natürlich schon durch seinen Ashorecast kennt. Zusammen mit Skor Rokswell und Remark will er nach knapp einem Jahr Planung, Renovierung, Bürokratie und reichlich Schweiss und Blut endlich Leipzig um einen neuen Treffpunkt bereichern. Wir horchten mal ran, welche Idee genau hinter Vary steckt, wie das Angebot ausschauen wird und was alles für die kommenden Wochen und Monate (und die feierliche Eröffnung am 31. Oktober) geplant ist.
Falk, wer steckt alles hinter Vary, wie habt ihr euch gefunden und wann ist aus der Idee hinter Vary Ernst geworden?
Wir, Pascal (Skor Rokswell / Skor72), Julian (Remark / Rufus Grimes) und Falk (Shape), sind vor reichlich einem Jahr mit der Idee zusammen gekommen und haben diese gleich recht Ernst genommen, da diese für uns alle schon recht lange ein Traum war, der in die Tat umgesetzt werden musste.
Vary soll nicht nur ein Schallplattengeschäft und Café sein, es sollen auch Partys, Ausstellungen, Filmvorführungen stattfinden und man liest auch von Plattenveröffentlichungen. Das klingt sehr ambitioniert – wie sorgt ihr dafür, dass der Laden trotzdem ein Profil behält und sich nicht zwischen all den Sachen verliert? Und was konkret ist an Events schon in den kommenden Wochen oder Monaten geplant?
Die Teilkonzepte sind eng miteinander vernetzt. Vary steht hierbei für die Plattform, die den Leuten die Kultur um die Musik und Kunst näher bringen soll. Von Anfang bis Ende. Das heißt, dass man sich bei Lectures oder Voträgen, die im Laden stattfinden, mit Künstlern, Musikern und Gestaltern über deren Schaffen und Arbeitsweisen austauschen kann. Man soll erfahren können, wie Musik produziert wird, ein Cover gestaltet wird oder von Vertretern von Presswerken erfahren wie diese physisch zur Verfügung gestellt werden. Die Musik, welche auf den von uns veranstalteten Partys zu hören sein wird, kann wiederum bei uns erworben werden etc. Da uns die Artworkgestaltung ebenso interessiert wie die Produktion von Musik, wollen wir, abseits des Vinyls, ebenfalls Künstlern und Gestaltern die Möglichkeit geben, ihre Arbeiten bei uns auszustellen. Da zieht sich ein ziemlich dicker roter Faden durch das Konzept, auf den, unserer Auffassung nach, aufmerksam gemacht werden muss. Wenn wir das ins Bewusstsein bringen können, kann sich auch dazwischen nichts verlieren. Viele Menschen in unserem Umfeld sind Musiker, Gestalter, Künstler und Designer, die Inhalt mit einbringen, was trotz aller Ambition natürlich hilft.
Am 17. Oktober findet unsere erste Veranstaltung im Elipamanoke in Leipzig statt, zu der Jannis von Jakarta Records aus Berlin eingeladen ist, um sein neues Label-Projekt Habibi Funk vorzustellen. Er wird dem Publikum seine musikalischen Fundstücke aus Nordafrika und Nah-Ost präsentieren, welche er bei mehreren Reisen in diese Gebiete ausgegraben hat. Am 13. November haben wir Radio Love Love ins Conne Island eingeladen. Zusätzlich werden HulkHodn und eloQuent an diesem Abend ihr kommendes Album vorstellen. Um es anschliessend bis zum Jahresende dann nicht langweilig werden zu lassen, arbeiten wir gerade am ersten Release des internen Imprints und werden – wenn alles gut geht – um den Jahreswechsel herum eine Platte veröffentlichen, die repräsentativ für das im Laden vertretene musikalische Spektrum stehen soll.
Was hat es mit dem Namen “Vary” auf sich? Eine Anlehnung an Various? Vielfalt und so? Oder doch etwas ganz anderes?
Was sich inhaltlich dahinter verbirgt, ist hoffentlich im Punkt zuvor geklärt worden. Darin ist ja auch eine gewisse Bandbreite oder Vielfalt zu erkennen. Das war allerdings nicht ausschlaggebend für die Namenswahl. Primär hat er uns einfach gut gefallen.
Auf welches Publikum habt ihr es abgesehen? Gilt es die Lücke, die durch Kann in Leipzig entstanden ist, zu schließen oder geht es in eine andere Richtung, musikalisch wie konzeptuell? Was für Musik werde ich bei euch finden können?
Wir haben es auf jeden abgesehen, der der angesprochenen Passion schon verfallen ist oder erstmal nur daran interessiert ist. Die Zielgruppe anderer Läden entscheidet natürlich selbst, wo sie hingeht. Wir bieten Platten an, das ist allerdings auch schon der gröbste Nenner, der uns mit bestehenden oder nicht mehr bestehenden Plattenshops verbindet. Wenn jemand das Bedürfnis hatte, in seiner Stadt und in einem Laden Platten zu kaufen, das durch die Schließung des Kann-Ladens nicht mehr befriedigt werden konnte und wir dem jetzt erneut ein Angebot verschaffen, dann haben wir wahrscheinlich eine Art Lücke geschlossen, ja. Trotzdessen haben auch bereits zwei tolle Läden, der Possblthings und der N°9 nach der Schließung geöffnet und haben viele Hungrige – uns selbst eingeschloßen – glücklich gemacht. Wir sehen uns da jetzt schon in einer anderen Zeit, in einer anderen Ecke Leipzigs, mit einem anderen Konzept und sich auch nur teilweise überschneidenden Sortiment. Es wird vorrangig ein recht breites Spektrum von Rap, Beats, House, Techno, Funk, Soul und Jazz angeboten. Wir werden aber diesbezüglich auch nie Scheuklappen aufsetzen, wenn es um andere Genres geht, solange uns die Musik gefällt.
Wie seid ihr auf den Ort gekommen? Musstest ihr lange suchen um etwas zu finden, was euren Vorstellungen entspricht?
Die Suche hat Zeit in Anspruch genommen, da das breitere Konzept auch mehr Anforderungen erfüllen musste. Hinzu kommt, dass die Veränderungen, die gerade in Leipzig stattfinden, sich auch auf den Mietmarkt auswirken. Dass wir dort nun glücklich gelandet sind, war weniger gezielt, als viel mehr ein günstiger Zufall während der großräumigeren Suche.
Am 31. Oktober eröffnet ihr, was ist für diesen Tag geplant?
Ein paar Freunde des Hauses werden hinter den Plattentellern stehen, die erste Ausstellung bei uns im Laden wird Arbeiten von Tali Bayer präsentieren und unser Angebot wird uneingeschränkt zur Verfügung stehen.
Vary
Eisenbahnstrasse 7
04315 Leipzig