Johannes Beck ist ein langjähriger Freund der Ashore-Crew, war zum Beispiel 2014 beim Ashore Radio zu Gast und hat mit mir zusammen auch schon aufgelegt und einen Mix für Kann Records aufgenommen. Der Produzent war kürzlich in Seoul, eigentlich für einen Vortrag im Rahmen seines Jobs als Psychologe. Den Trip konnte er aber auch für einen Gig im Club Mystik nutzen, der laut Resident Advisor zu den zwölf besten Dancefloors der Welt zählt. Den Mitschnitt von seinem Set gibt’s nun online zum Nachhören und die ganze Story rund um den Trip sowie musikalische News von Johannes Beck weiter unten im Interview.
Johannes, wie kam es zu dem Gig?
Ich war für einen Vortrag über die Bewertung der Nutzerfreundlichkeit von digitalen Mensch-Maschine-Schnittstellen auf einer Konferenz in Seoul und hatte nach der Tagung noch Urlaub genommen. Da ich im Sommer viel Zeit im Studio verbracht hatte, hatte ich Lust meine neuen Stücke live zu spielen. Deswegen habe ich eine Bekannte angerufen, die sich mit Clubs in Asien auskennt. Sie hat mir den Club Mystik empfohlen, also habe ich die Booker kontaktiert und es hat geklappt.
War es deine erste Reise nach Korea? Wie waren deine Eindrücke vom Land?
Es war meine erste Reise nach Korea und auch erst meine zweite nach Asien überhaupt. Mir ging es wie bei meiner ersten Reise nach Asien (Thailand und Laos) – ich mag einfach die Grundstimmung. Ich kann es nicht in Worte fassen, aber ich bin gerne da. Ich mag die Freundlichkeit der Menschen, ich mag das Essen. Mir hat es sehr gut gefallen in Seoul. Ich erwartete eine große High-Tech-Stadt, die ich auch gefunden habe, aber ich habe auch Stadtteile gesehen (zum Beispiel Itaewon), die überhaupt nicht High-Tech waren und sehr viele gemütliche Orte zu bieten haben. Das Einzige, was etwas gewöhnungsbedürftig war, waren die Militärhubschrauber über der Stadt, die ich von meinem Hotel aus mehrmals gesehen habe. Das hat einen daran erinnert, dass der Konflikt mit Nordkorea existiert.
Wie war der Club, in dem du gespielt hast?
Das Mystik war super. Genau so, wie ich mir einen Club vorstelle. Nicht zu groß und nicht zu klein (ca. 150-200 Leute). Man betritt den Club durch einen kleinen unauffälligen Eingang in einer kleinen Gasse, der in einen Keller führt. Dort ist kein großes Schnickschnack, sondern einfach ein gutes Funktion-One-Soundsystem, eine minimale Beleuchtung, eine professionelle Bar und super entspannte Leute. Von den Gästen über die Resident-DJs, das Bar-Personal und die Promoter war es einfach toll.
Wenn du die Clubkultur dort mit der in Deutschland bzw. in Europa vergleichst: Was ist gleich, was unterschiedlich? Wie geht man dort feiern?
Ich habe ja nur einen kleinen Ausschnitt von einem Wochenende erlebt, aber ich habe keine Unterschiede zum Feiern bei uns wahrgenommen. Die DJs spielen wie bei uns hauptsächlich digital mit CD-Playern und ab und an gibt’s mal eine Vinyl. Freitags war der Sound eher an Techno orientiert und am Samstag lag der Fokus auf House. Ansonsten feiern die Leute und hatten echt viel Spaß in beiden Nächten, in denen ich im Mystik war. Super Stimmung!
In deinem Set sind auch einige neue Tracks zu hören.
Um genau zu sein, ist der einzige neue Track im Liveset der Remix von “Desire (Le Dust Sucker)”. Denn habe ich letztes Jahr gemacht, der sollte auf Boxer Recordings veröffentlicht werden. Das hat dann leider aber nicht geklappt. Die beiden anderen unveröffentlichten Tracks im Liveset sind bereits zehn Jahre alt. Die habe ich 2006 produziert. Sie sind ins Liveset gekommen, weil ich von Freunden gehört habe, dass der Freitag im Mystik eher den Fokus auf Techno legt. Deswegen habe ich Tracks aus meinem Repertoire gesucht, die mehr nach vorne gehen. Von meinen neuen Tracks aus der Studio-Session des Sommers hat es dann doch keiner ins Liveset geschafft. Meine neuen Tracks sind eher verschachtelte Beats mit vielen kleinteiligen Synth-Flächen und Klavier. Mein Liveset besteht aus allen Tracks, die ich jemals fertig produziert habe in den letzten 14 Jahren, ich suche mir dann passend die jeweiligen Tracks aus.
Wird es auch etwas neues auf deinem Label Mutual Musik geben?
Ich hatte eigentlich nicht vor, wieder etwas auf Mutual zu veröffentlichen. Nach der Mutual #5 mit Remixen von Of.Vincent (eine Hälfte der Dürerstuben), Stanley Schmidt und Tristen sollte Schluss sein. Aber nachdem die unveröffentlichten Tracks live so gut angekommen sind und auch die letzte Mutual viel Aufmerksamkeit bekommen hat, vor allem durch die Lizenzierung von Tristen’s Remix für die Watergate #20, werde ich vermutlich eine nächste Mutual machen. Mal sehen, ich habe auch gute Demos bekommen, vielleicht wird es eine Various Artists.
Ich finde dein Sound hat sich seit den letzten Releases hörbar verändert. Wie siehst du die Entwicklung selbst & woran liegt’s? Was hörst du aktuell viel?
Die Veränderung kommt vermutlich davon, das ich nach meinem Album auf KANN von 2014 meine analoge Drummachine (Jomox XBase09) in den Keller gestellt habe und seitdem nur mit meiner digitalen Drummachine arbeite (Arturia Spark LE). Das hat dazu geführt, dass ich viel mehr detaillierte Beats baue und auch das Shuffeln für mich entdeckt habe. Das hört man besonders bei meinen Remixen für Marbod und Le Dust Sucker. Des Weiteren habe ich im letzten Jahr Hip Hop für mich entdeckt (besser spät als nie!) und bin fasziniert, wie die ihre Beats bauen. Ansonsten inspiriert mich mal wieder der Sound von Kassem Mosse sowie die neuen Sachen von Mark Ernestus’ Ndagga Rhythm Force. Labels die ich gerade gerne öfters höre sind Holger und Marionette. Ach ja, und dann hab die letzten Monate Grimes für mich entdeckt. Die lief bei mir im Sommer rauf und runter.