“This is state of the art”, sagte Nick Höppner neulich im Interview mit Resident Advisor über die Katalognummer 018 auf dem Label Sued. “The sound, it is personal, it’s very traditional in a way, but also fresh.” Recht hat er, denn wenn in den vergangenen Monaten (und Jahren) ein Label immer wieder zu überraschen und beeindrucken wusste, dann Sued. Geführt wird das Label von Stefan Wust aka SW. und Sven Rieger, auch bekannt als SVN. Vor allem in Berlin konnte man die beiden zuletzt häufig zusammen mit DJ Sotofett, Dynamo Dreesen oder DJ Fett Burger erleben. Doch wirklich viele Infos gibt es zu den Releases und ihren Produzenten nicht, hier lebt er noch, dieser Untergrund-Spirit, der ganz ohne Pressefotos und großes Trara auskommt. Und trotzdem – oder vielleicht auch gerade deshalb – sind die Sued-Platten regelmäßig genauso schnell aus den Regalen der Plattenläden verschwunden, wie sie unangekündigt dort gelandet sind.
Einer, der schon seit längerem die Platten von Sued auf dem Schirm und im Case hat, ist Gunther. Mit ihm habe ich schon ein paar Mal, unter anderem in Berlin und Jena, das DJ-Pult geteilt. Aus Halle stammend, lebt und produziert er inzwischen in Berlin. Ihm habe ich etliche Entdeckungen in Sachen House zu verdanken, nicht zuletzt sein Blog Monday Edition war stets ein wichtiger Input- und Impulsgeber, der inzwischen jedoch ruht. Mit ihm teile ich unter anderem die Faszination für Sued – wobei seine Sammlung des Labels vermutlich noch ein bisschen vollständiger ist, denn so einen großartigen Mix voller Tracks aus dem Sued-Kosmos würde ich nicht hinbekommen. Was es mit dem Mix auf sich hat und wie es dazu kam, verrät Gunther im Interview.
Gunther, weißt du noch, wann du das erste Mal auf Sued und das Camp ringsherum aufmerksam geworden bist? Was war das erste Release, das du dir gekauft hast?
Dreesvn finde ich seit der “Tall Stories” auf Acido schon richtig gut. 2009 war das. Das erste Sued-Release kam im Winter 2010/11 und ich bin mir jetzt gar nicht sicher, ob Finn da schon bei Hard Wax gearbeitet hat. Aber wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, hat die mir Finn oder Micha dort feilgeboten. Das war die mit dem orangefarbenem Cover. Ich habe reingehört, fand sie bestimmt auch gar nicht schlecht. Ich habe sie trotzdem nicht genommen. Wahrscheinlich weil ich in dieser Zeit chronischen Geldmangel hatte und auch sowas wie Joy Orbisons “Ladywell” stehen lassen musste. Vielleicht war das alles an einem Nachmittag. Ich kann mich seltsamerweise noch ganz genau daran erinnern. Einer dieser Momente, wo das Unterbewusstsein schon schreit: Fehler, Junge, Fehler! Bei der Sued 02 habe ich nochmal gepasst – aber die Nummer 3 mit SVN, Paleo und SW habe ich dann gekauft. 2012 war das wohl. Seitdem habe ich nur vereinzelt ein Release ausgelassen.
In deinen Mix haben es nicht nur reine Sued-Releases geschafft. Welche Labels und Künstler gehören für dich noch zum erweiterten Sued-Kosmos?
Zwischendurch kommt Dreesvn auf Acido und SVN auf Keys Of Life. Die andere Seite der Keys Of Life hat DJ Sotofett gemacht. Wenn ich mich durch Discogs klicke, dann ist SW. Stefan Wust und hat bisher nur auf Sued veröffentlicht. SVN ist Sven Rieger und zusammen mit Andreas Krumm nennen sie sich Dreesvn. Andreas Krumm macht das Acido-Label. XI ist Sven Rieger zusammen mit Fett Burger und die haben auch auf Sex Tags Mania Tracks veröffentlicht. Ich glaube, damit haben wir die Gang grob zusammen.
Was macht Sued für dich so besonders, dass du einen ganzen Mix damit aufnehmen wolltest?
Da kamen ein paar Sachen zusammen: Zum Einen war das SW-Album auf Sued 15 eine meiner absoluten Lieblingsplatten letztes Jahr. Das Album hat ja jetzt im August auf Apollo, einem Sublabel von R&S, völlig zurecht ein Reissue bekommen. Das ist so ein tolles Album – ich habe das über Wochen hoch und runter gehört. Das nutzt sich auch überhaupt nicht ab und verbindet irgendwie so viele Facetten. Einfach toll. Dann hatte sich über die Jahre meine Plattensammlung ziemlich verselbstständigt und ich musste Anfang des Jahres schließlich einsehen, dass ich den Überblick fast völlig verloren hatte. Die Regale waren schon lange nicht mehr ausreichend und ich kam auch nicht mehr dahin durch, weil alles mit Schallplatten vollgestellt war. Also habe ich mir ein Herz gefasst – Frühjahrsputz! Alte Regale raus, Größere rein, dann einmal alles sortieren und wenigstens ein paar Hundert aussortieren. Dabei ist mir aufgefallen, dass ich inzwischen wirklich viele Sued-Platten hatte. Wirklich schöne Musik mit einer eigenen Ästhetik, die ich dafür viel zu wenig gespielt habe. Vor ungefähr zehn Jahren habe ich schon mal drei Themen-Mixe gemacht. Das war damals Convextion, Rhythm & Sound und die STL-Loops. Dann sah ich den Sued-Stapel und dachte mir, dass ich vielleicht mal wieder so einen Mix aufnehmen könnte.
Wie hast du die Tracks ausgewählt? Wann und wo hast du den Mix aufgenommen?
Zuerst habe ich wie gesagt alle Sued-, SVN- und Dreesvn-Platten zusammengesammelt. Das SW-Album, Extended Mix 33 und Reminder Part Three sollte auf jeden Fall dabei sein. Der Stapel lehnte so ein paar Wochen am Plattenregal. An einem Freitagnachmittag im April dachte ich: Ach der Sued-Stapel, heute mache ich den Mix. An diesem Nachmittag habe ich dann zu Hause einmal alles kurz durchgehört und grob vorselektiert. Dabei ist mir aufgefallen, dass Geschwindigkeit ein Thema wird. Schnell oder langsam? Ich habe mich für schnell und Vinyl entschieden. Ein Versuch und fertig. Den Mix habe ich mir dann aufs Telefon kopiert und über Monate niemanden davon erzählt.
Tracklist
SW. – Extended Mix 33 (Sued 16)
SW. - Reminder Part Two A2 (Sued 08)
SVN feat. Paleo – Track 1 (Sued 03)
Dresvn - Untitled A (Acido 25)
SW. – Untitled D2 (Sued 15)
SW. – Untitled B3 (Sued 15)
SVN – Dark Plan 5 (Extended Mix) (Keys Of Life 27)
SW. – Reminder Part Two B1 (Sued 08)
SW. – Reminder Part Three B1 (Sued 12)
XI – Dub Session (Sued 06)
Foto: Eni Nella