Seit ich in Berlin wohne – und das sind jetzt schon einige Jahre – gehört für mich Rudolph Beuys zum Nachtleben der Stadt dazu. Egal ob als Veranstalter, DJ, Back2back-Partner oder einfach “nur” Gast und Tänzer auf allen Fluren. Mit seinem Blog Beatrausch und der dazugehörigen Partyreihe sorgte er in den letzten Jahren für zahllose erinnerungswürdige Nächte mit gleichermaßen großen Stars wie engen Freunden an den Decks – nicht selten sogar beides zusammen. Doch der Name “Beatrausch” mag ein bisschen täuschen, denn neben Techno und House liebt Rudolph Beuys genauso R’n’B, Pop und Singer-Songwriter-Musik, wie nicht zuletzt unser neuester Ashorecast von ihm beweist. Wie der zustande kam, verrät der Berliner im Interview. Und erzählt auch gleich noch, wie es eigentlich zu Beatrausch gekommen ist.
Seit über 11 Jahren gibt es nun Beatrausch, aber wie fing das eigentlich damals an? Gab es zuerst den Blog oder die Partys?
Beatrausch gibt es eigentlich schon viel länger, für mich begann es zwar 2007 als ich mit meiner damaligen Partnerin gemeinsam anfing, Partys zu veranstalten, um Freunden ein Forum zu bieten. Aber schon davor gab es eine Website, die von meiner Ex und ihrer besten Freundin betrieben wurde. Beide waren bzw. sind große Musikfans und haben die Seite genutzt, um Konzertberichte und Fotos zu teilen. Der Name Beatrausch stammt auch aus dieser Zeit, gespeist aus ihren beiden damaligen Lieblingsbands: Beatsteaks/Tiefenrausch.
Als es dann darum ging, einen Namen für unser gemeinsames Projekt zu finden, haben wir diesen einfach weitergenutzt, da er unsere Intension perfekt beschrieb. Musik hören, tanzen und sich dabei gut fühlen. In unserem Freundeskreis gab es jede Menge Produzenten und DJs, die wir selbst gern spielen sehen wollten, also selber machen statt zu warten, bis die den Arsch hochkriegen. So kam es dann zu den ersten Beatrausch-Events im Frühjahr 2007 im Octopussy in der Guertelstraße.
Was hat sich aus deiner Sicht in den letzten zehn bis elf Jahren im Berliner Nachtleben so verändert – sowohl im Positiven als auch im Negativen?
Als ich 2004/05 nach Berlin kam, war gerade die Minimalwelle am Abschwächen, Electroclash/Pop habe ich nur aus der Ferne wahrnehmen können. Es gab damals wie heute Unmengen von Clubs, Promoter und DJs, allerdings waren die Einstiegsmöglichkeiten einfacher. Heutzutage ist alles wesentlich professioneller und strukturierter. Techno ist wieder ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Stadt Berlin, das kam einem damals im Easyjetset noch nicht so vor. Die Szene wird zwar immer noch stiefmütterlich behandelt, aber Berlin weiß, was es an uns hat. Die Ämter sind auch nicht mehr so blauäugig, wer das nicht versteht, wird es nicht lange schaffen, sich mit seinem Club, seinem Label oder seinen Partys in der Szene zu bewegen.
Viele Protagonisten haben gemerkt, dass es mit einer Larifari-Attitüde nicht weiter geht, Drogen haben damals wie heute eine wichtige Rolle gespielt. 2006 reichte noch ein Post auf der RR oder ein Event auf MySpace, um ein gelungenes Open-Air zu haben, kurzer Anruf bei Bier-Bernd und Generator-Fred und das Wochenende war gerettet.
Neben Beatrausch und den Partys gibt’s auch noch „Brudi Love“, was hat’s damit auf sich?
Haha, ich bin einfach ‘ne Hit-Schlampe und ein großer Fan von Popmusik. “Brudi Love” entstand auch aus diesem naiven Gedanken, sich einfach nur zu treffen und mit Freunden Musik zu spielen. Ohne Szene-Vorgaben oder gekünstelten Attitüden, alles ist möglich/denkbar und dem Geschmack sind keine Grenzen gesetzt. Ich buche dann hauptsächlich KünstlerInnen mit denen ich mir vorstellen kann, längere Zeit gemeinsam aufzulegen und mir Lieblingsmusiken vor zu spielen. Wie Sascha Uhlig von Ashore zum Beispiel (hihi) oder zuletzt Ticklish und Leibniz. Es gab vor einer Weile mal eine Ausgabe am Kotti im Monarch, wo wir, glaube ich, sieben DJs waren, es war ein riesiges back2back und alle hatten die ganze Zeit nur ein Grinsen im Gesicht, das steckt an, und die Crowd war uns sehr dankbar, obwohl wir so viele verschiedene genre bedient haben und nicht jeder Übergang saß.
Dein Musikgeschmack reicht ja weit über die elektronische Musik hinaus – und dass du so nah am HHV wohnst, macht’s für den Geldbeutel nicht gerade einfacher. Wieviel gibt’s du im Monat für Platten aus und was landete zuletzt so neu in deiner Sammlung?
Ich habe mich in letzter Zeit sehr zusammengerissen, in der Regel sind es mindestens 100 Euro. Wobei ich auch viel auf Flohmärkten stöbere und besonders die Sale-Sektionen der einschlägigen Onlinemärkte bevorzuge. Vor kurzem gab es einen großen Sale des Monkeytown-Backkatalogs, da habe ich natürlich ordentlich zugeschlagen und von Techno bis Footwork einiges abgestaubt. Am 30. Oktober spiele ich ein Technoset im KitKatClub, davon war mein letzter Einkauf im HHV stark beeinflusst, ich habe mir unter anderem die Schwefelgelb-Platte auf Aufnahme+Wiedergabe gekauft. Und jetzt erst am Wochenende diesen Gerd Janson Remix von Julie McDermott’s “Don’t Go”, hammer Platte.
Danke für deinen Ashorecast, wie und wann hast du ihn aufgenommen? Hattest du vorher schon ein Konzept im Kopf oder einfach losgelegt?
Die Anfrage für den Podcast liegt ja schon eine Weile zurück, von daher habe ich lange am Konzept gefeilt. Eigentlich sollte er ausschliesslich weibliche Künstler aus dem R’n’B-Spektrum featuren. Letztendlich wurde es dann doch eine Hauruck-Aktion und ich habe mich nach meiner Bürozeit in die Paloma eingeschlossen und den Podcast mit zwei USB-Sticks bestückt auf dem unteren Floor aufgenommen.
Der Mix soll so ein bisschen diese leicht süße Spätsommer-Frühherbst-Melancholie widerspiegeln, und ist für mich definitiv ein Anker, da er viele Songs beinhaltet, die ich zurzeit sehr oft höre. Allen voran The Miracles mit ‘Ooo Baby Baby’. Dazu gibt’s eine kleine persönliche Geschichte, die sich während der letzten Toys Party im ://about blank zugetragen hat. Ada hat von dem Track einen Edit angefertigt und diesen als Opener benutzt. Das große Thema des Mixes ist offensichtlich Liebe, vor allem zu unser heutigen Zeit, in unserer Gesellschaft. Das sollen auch die Skits unterstreichen.
Ich bin auch sehr froh darüber, den Thom Yorke & PJ Harvey Song untergebracht zu haben. Ich glaube, es gibt nicht einen Podcast/Mix von mir online, ohne ein Zutun dieses Mannes.
Wichtig fand ich auch Mac Miller zu Wort kommen zu lassen, die Aufnahme ist aus einer NPR Tiny Desk Session. Mac Miller steht dabei für alle, die viel zu jung und tragisch aus dem Leben scheiden und an den Aufgaben des Alltags scheitern.
Wann und wo wird man dich bald mal wieder auflegen hören können?
Zurzeit habe ich gar nicht so viel in der Pipeline, ich habe alles etwas runtergefahren. Als DJ in meiner Größenordnung muss man da schon etwas mehr hinterher sein und ständig Klinken putzen, deswegen veranstalte ich lieber selber und buche mich als Warm-up oder back2back mit jemanden, den ich schätze. Dafür habe ich aber leider momentan kaum Kapazitäten. Ich spiele in der Nacht vor Halloween im KitKatClub und ansonsten steht erstmal nichts an. Eventuell kommt noch ein Gig in der Fahimi Bar am Kotti dazu. Momentan plane ich den 12. Beatrausch-Geburtstag im März im ://about blank und eine neue Partyreihe mit Phonatic. Ich werde mich die Tage mal ran setzen und gucken, ob ich noch ein Date zum Jahresende bekomme, um eine kleine Beatrausch Brigadefeier irgendwo von statten gehen zu lassen.
Tracklist
Everything Sucks Skit
Tomberlin – Seventeen
Okay Kaya – Dance Like U
Amber Mark – Love Me Right
Ari Lennox – Whipped Cream
Black Belt Eagle Scout – Soft Stud
Ama Lou – Wrong Lesson
Vanjess Feat Goldlink – Through Enough
Steady Holiday – Love And Pressure
Joy Denalane – Himmel Berühren
Temani – Power
Smokey Robinson And The Miracles – Ooo Baby Baby
Thom Yorke & PJ Harvey – This Mess We’re In
Atlanta Skit
Sufjan Stevens – Mystery Of Love
Mac Miller Feat. Thundercat – What’s The Use?
Cat Power – Stay
Ben Folds – Golden Slumber
Beatrausch kann man bei Soundcloud, Facebook, Tumblr und Instagram folgen.