Vor kurzem trafen wir Essika aus München noch auf 3 Kurze, nun freuen wir uns über einen erneuten Besuch der Münchnerin bei uns im Blog und ihren großartigen Ashorecast #51. Zugegeben: Ich selbst war noch nie in München, geschweige denn dort feiern oder selbst auflegen. Doch auch ich bekomme mit: Da geht was! Essika selbst ist Teil einer derzeit scheinbar äußerst aktiven Szene und unter anderem Resident im Mixed Munich Arts. Tagsüber arbeitet Essika alias Sarah als Biochemikerin im Labor, nachts erlebt man sie dagegen regelmäßig an den Decks, auch über die Stadtgrenzen von München hinaus. Derzeit macht sie jedoch Babypause und wird erst Ende dieses Jahres wieder öffentlich an den Decks zu finden sein – doch zuvor gibt’s nochmal einen Mix samt ausführlichem Interview hier bei uns auf Ashore! Wir senden liebe Grüße nach München, wünschen der jungen Familie alles Gute und freuen uns auf Essikas DJ-Comeback Ende des Jahres!
Sarah, hört man sich durch die Sets auf deiner Soundcloud-Seite, fallen neben einer Vorliebe für House und Techno auch Sets in ganz andere Richtungen auf. Womit hat bei dir musikalisch alles angefangen?
Puh, das ist wirklich schwer zu sagen. Ich habe eigentlich immer schon gerne und viel und vor allem auch unterschiedliche Musik gehört. In meiner Jugend erst Punk-Rock sowie die obligatorischen Nirvana und Konsorten, gefolgt von so ziemlich allem aus den 80ern und dann kamen irgendwann die Dreadlocks und damit auch sehr viel Reggae und Dub. Mit 16, 17 habe ich dann angefangen, mich für elektronische Musik zu interessieren und schließlich angefangen, Platten zu kaufen, was damals auf dem Land und ohne Internet gar nicht so einfach war. Später bin ich dann fast jedes Wochenende nach München in die dortigen, etwas reizvolleren Plattenläden gefahren. Das Auflegen kam dann allerdings erst ein paar Jahre später, als ich schon eine recht große, vielseitige Plattensammlung zu Hause hatte.
Seit 2015 bist du Resident im Mixed Munich Arts, wie ist es dazu gekommen? Und wie hat der Club seitdem dich und deinen Auflegestil geprägt?
Mit Mirko, dem Booker des MMA, bin ich schon viele Jahre sehr gut befreundet und wir haben auch davor schon zusammen gearbeitet und gemeinsam Partys veranstaltet. Als er dann schließlich den Job als Booker übernommen hat, hat er mich quasi schon mitgebracht. Nicht nur weil das meine erste Club-Residency ist, hat beziehungsweise prägt das MMA mich immer noch sehr. Zum einen natürlich durch die Möglichkeit regelmäßig Teil eines sehr guten und abwechslungsreichen Bookings sein zu können. Zum anderen kann man durch die verschiedenen Floors dort – vom normalen Club über die große Halle bis hin zum Außen- beziehungsweise Barbereich – und durch die unterschiedlichsten Playtimes soundtechnisch sehr viel ausprobieren und es wird nie langweilig.
Was ich außerdem sehr am MMA und ihren Machern schätze, ist das familiäre, freundschaftliche Umfeld, das entstanden ist – dort zu spielen, fühlt sich jedes Mal ein bisschen nach heimischem Wohnzimmer an.
Du wohnst in München, bist du zufrieden mit der elektronischen Musikszene der Stadt? Was macht München besonders, aber was sollte sich auch unbedingt ändern?
Also ich persönlich bin im Großen und Ganzen zufrieden mit der Szene, was allerdings mit Sicherheit auch daran liegt, dass ich eigentlich keine Szene in einer anderen Stadt wirklich beurteilen kann, da ich noch nie woanders als in München gelebt habe. Die elektronische Szene in München ist eher überschaubar, gerade im Vergleich zu Berlin. Zudem fehlt die Anonymität einer ‘richtigen’ Großstadt eigentlich total. Das habe ich allerdings immer als großen Vorteil wahrgenommen. Denn Qualität gibt’s in München trotzdem auf jeden Fall!
Feste und mittlerweile international weit bekannte Institutionen wie Ilian Tape, Public Possession oder eben auch das MMA haben das Bild der Szene in den letzten Jahren maßgeblich geprägt und das auch nach außen getragen. Hinzu kommen renommierte House Labels wie Gomma, Compost oder Permanent Vacation und kleinere Clubs wie die Rote Sonne, das Charlie oder das leider kürzlich geschlossene Kong, die für einen abwechslungsreichen, anspruchsvollen Mix sorgen. Und auch in München selber wird die Szene nicht mehr so sehr als abgeschottene, autonome Subkultur wahrgenommen – was ganz gut bei den monatlichen, größeren Events im MMA deutlich wird, wo tausende junge und ältere Menschen von überall her zusammenkommen. Sowas hat es hier eigentlich seit Ultraschall-Zeiten in den 90ern nicht mehr gegeben – auch der klassische Rave ist also mittlerweile in München wieder angekommen und salonfähig geworden.
Zudem konnte man in den letzten Jahren die dynamische Entwicklung eines sehr guten Vibes in der Stadt beobachten: Viele junge Leute kaufen sich Equipment, um selber Musik zu machen, zahlreiche kleine Labels sind entstanden und das alles spielt sich größtenteils auf einer sehr freundschaftlichen, kollektiven Ebene ab. Ich bin schon sehr gespannt, was in den nächsten Jahren aus dieser Dynamik entsteht.
Das ist die eine, sehr positive Seite – leider gibt es diese nach außen oft als ‘typisch München’ stilisierte ‘Kultur’ der schicken Clubs mit ihren arroganten Rich Kids oder die mittlerweile doch recht weitverbreiteten ‘Secret Sunday Rooftop Open Air Partys’ mit Function-One-Anlage, aber unterirdischem Booking natürlich tatsächlich, aber ich bin damit eigentlich noch nie selber in Berührung gekommen – und so viel Auswahl hat man dann in München Gott sei Dank doch, dass man auch einfach in eine ganz andere Richtung schauen kann. Und ja, der Münchner ist leider wirklich nicht immer ganz so liberal, was Lautstärke oder Drogen angeht, und es ist tatsächlich auch eher weniger ratsam, während der Wiesn auszugehen – aber das sind alles Dinge, mit denen man lernt hier zu leben beziehungsweise sie gekonnt über die Jahre zu ignorieren.
Was allerdings ein weiteres, großes Problem in München ist, sind die mittlerweile horrenden Mieten. Gerade für junge Leute ist es fast unmöglich bezahlbare Wohnungen zu finden – Studioräume etc. sind folglich natürlich leider ebenso teuer und rar. Aber das Problem ist im Moment leider in so ziemlich jeder größeren Stadt zu beobachten. Natürlich wäre es sehr wünschenswert, jungen, kreativen Leuten mit Ideen und Visionen, eine (größere) Plattform zu bieten, um diese verwirklichen und auszuleben zu können.
Alles in Allem kann man es hier als DJ und Musiker aber ganz gut aushalten, glaube ich – ich wollte auf jeden Fall noch nie woanders leben!
Auf deiner Facebook-Seite sind auch immer wieder Fotos von deinem Studio samt Drum Machines, Synthesizer etc. zu sehen. Können wir bald mit eigenen Tracks von dir rechnen oder dauert das noch ein wenig?
Der größte Teil des Studioequipments gehört – bis auf ein paar Synths und Controller – meinem Freund, der schon viele Jahre selber produziert und letztes Jahr auch bereits seine erste Platte rausgebracht hat. Das ist einerseits sehr praktisch für mich, da das Equipment einfach schon da ist und er es vor allem auch bedienen kann und somit bei der Umsetzung meiner Ideen eine sehr große Hilfe ist – andererseits gibt es natürlich eigentlich nichts schöneres, als unsere Leidenschaft für Musik teilen zu können. Wir arbeiten bereits seit längerem an gemeinsamen Tracks – wobei das allerdings arbeitsbedingt leider zeitlich bisher nicht in dem Umfang möglich war, den wir uns gewünscht hätten. Mit der Geburt unseres Sohnes wird das sicherlich auch erstmal so bleiben. Wann man dann konkret mit Tracks beziehungsweise einer fertigen Platte rechnen kann, ist ganz schwer zu sagen, kann aber auf jeden Fall noch eine ganze Weile dauern. Ideen gibt es aber viele und früher oder später werden wir’s hoffentlich auch schaffen diese alle umzusetzen. Vor Kurzem haben wir beispielsweise die Herztöne unseres noch ungeborenen Sohnes über das CTG aufgenommen – daraus wird auf jeden Fall bald ein ganz besonderer Track entstehen!
Danke für deinen Mix! Wie und wo hast du ihn aufgenommen, gab es vorab ein Konzept?
Danke, dass ich Teil eurer tollen Podcast-Reihe sein darf! Ein genaues Konzept hatte ich am Anfang nicht, ich habe allerdings – wie bei eigentlich all meinen Mixen – versucht, eine kleine Geschichte zu erzählen beziehungsweise den Hörer auf eine Reise zu schicken, bei der er dann am Ende aber auch wieder ankommen soll. Inhaltlich kann man sich den Mix vielleicht ein bisschen vorstellen wie den Soundtrack zu einem Sommertag, der mit einem Strand- oder Badeseebesuch beginnt, abends im Club weitergeht und dann in den frühen Morgenstunden mit dem Heimweg endet. Da ich ja im Moment nicht in Clubs auflege, habe ich in letzter Zeit viele Platten gekauft, die nicht unbedingt Peaktime-tauglich sind – ein paar davon wollte ich natürlich gerne unterbringen.
Aufgenommen hab ich den Podcast daheim im Wohnzimmer – ganz spießig – mit zwei Technics Plattenspielern und einem Mixer. Da er nur ein paar Tage vor der Geburt meines Sohnes entstanden ist, ist das auf jeden Fall ein ganz besonderer Mix für mich – eingespielt hauptsächlich im Sitzen und voller Vorfreude und Schwangerschaftshormone.
Du legst derzeit eine Babypause ein, wird man dich 2016 noch auflegen hören oder geht’s erst nächstes Jahr wieder los?
Geplant habe ich, im November wieder einzusteigen – allerdings auch erstmal nur in München und sicher auch nicht jedes Wochenende. Ich freue mich zwar schon sehr darauf nach 6-monatiger Abstinenz, endlich wieder hinter den Turntables zu stehen, aber das hat im Moment auf keinen Fall Priorität und deshalb kann es auch durchaus sein, dass ich meine Pause noch etwas verlängern werde.
Dafür wird es aber sehr bald eine monatliche Radioshow mit mir geben, die sich allerdings weniger um Clubmusik drehen wird. Mehr dazu in Kürze, man darf gespannt sein!
Tracklist
1. Tauru Jonson & Lion Heart – Sunny Dae (Mood Hut)
2. Cain – Leavre (Highlife)
3. Herron – Lost Track (Workshop)
4. Studio OST – Whitesands (Lustwerk Music)
5. Afik Naim – 45 (Dolly)
6. Unknown – Drum Track (Porridge Bullet/Pudru Kuul)
7. Cain – Bakhtin (Highlife)
8. Leibniz – Real Life (Shtum)
9. X – Untitled (B1) (RHD X)
10. Beato – Untitled (A2) (Russian Torrent Versions)
11. Mr. Fingers – Qwazars (Alleviated Records)
12. Ugfy – Icecrush (Nakayoshi Use Only)
13. Blue Heron’s Tribute 2 PH – Hymn To A Whale Talker (Mood Hut)
Essika kann man bei Facebook, Soundcloud und Instagram folgen.