Was haben The National, Tennis und Leibniz gemeinsam? Richtig, musikalisch erstmal so rein gar nichts, doch sie alle drei sind verdammt schwer zu googlen. Mit den richtigen Kniffen aber landet man am Ende eben nicht beim berühmten Keksgebäck aus Hannover – nur echt mit 52 Zähnen – sondern beim hoffentlich bald mindestens ebenso bekannten gleichnamigen Produzenten aus Leipzig. Von Bayern über Berlin verschlug es ihn mittlerweile nach Leipzsch, von wo aus er auf Fairplay bereits eine grandiose EP auf uns losließ und bald weitere folgen lässt. Darauf zu hören: House-Musik mit Ecken und Kanten, Hip-Hop-Roots und einer satten Portion Bass-Boost im Gepäck.
Für Ashore stellte Leibniz nun den mittlerweile fünften Ashorecast zusammen und nahm dafür unter anderem Sound Stream, Florian Kupfer, Mike Dehnert oder L-Vis 1990 mit an Bord für einen wilden Ritt durch das Bassdickicht. Außerdem sprachen wir mit ihm über seine Musik & Soundphilosophie, die Szene von Leipzig und die Bretter, die die Welt bedeuten: Skateboards.
Hallo Moritz, herzlichen Glückwunsch zu deinem super Release auf Fairplay. Seit wann machst du Musik und wie kam der Kontakt zu dem Label zustande?
Vielen Dank! Ich glaube, mit 16 habe ich das erste Mal irgendwelche Stücke von mir selbst aufgenommen. Da habe ich Lieder über Klassenkameraden und „Grunge Girls“ mit Fruity Loops gemacht. Der Kontakt zu Fairplay kam durch eine CDR-Veranstaltung in Berlin. Da habe ich „Monatskarte“ hingeschickt, bin aber selbst gar nicht hingegangen. Zum Glück sind die Jungs von Fairplay hin und haben mich über Soundcloud auch gleich angeschrieben.
Leibniz – Monatskarte
Deine Musik ist ganz klar House, doch ähnlich wie bei MCDE oder anderen hört man da auch Hip-Hop- und Disco-Roots raus. Wo liegen deine Wurzeln und wie würdest du deinen eigenen Ansatz beim Produzieren beschreiben?
Definitiv ist Hip-Hop für mich eine große Inspiration. Gerade sowas wie das The Infamous-Album von Mobb Deep finde ich absolut genial. Aber ursprünglich komme ich wohl aus der (Post-)Punk-Ecke. Die Goldenen Zitronen, Sonic Youth, Slint, Interpol, Kyuss oder Black Flag waren wochenlang im CD-Spieler meiner Eltern auf voller Lautstärke zu hören. Wenn ich Musik mache, versuche ich auf jeden Fall eine Stimmung einzufangen. Außerdem ist mir wichtig, dass meine Tracks Kanten haben und nicht alles nach Weichspüler klingt. Oft entstehen Tracks aus Spielereien mit Samples oder Aufnahmen. Ich programmiere einfach extrem gerne Beats und das fast jeden Tag, aber nur aus den wenigsten wird dann auch ein Track.
Wie sieht dein Studio aus, bist du eher Notebook-Frickler oder Hardware-Liebhaber?
Hardware ist definitiv wesentlich spaßiger. Ich selbst habe aber auch nicht so viel Hardware, was aber auch am fehlenden Kleingeld liegt. Als Synths benutze ich einen Korg Poly 800, einen Yamaha TG33 und ein Yamaha E-Piano. Dann habe ich noch 2 Drum Machines, eine MFB-522 und eine Roland TR-505. Um Geräusche, Stimmen oder Sonstiges aufzunehmen, nehme ich einen kleinen portablen Olympus Recorder. Generell sample ich sehr gerne und versuche dann etwas Neues mit dem Ausgangsmaterial zu erschaffen. Dazu ist dann ein Notebook wesentlich besser geeignet. Ich bin wohl beides: Notebook- und Hardware-Liebhaber.
Du hast eine klassische Klavierausbildung genossen, wann kam zum Piano auch noch die Drum Machine und wie ergänzt sich heute beides?
Meine erste Klavierstunde hatte ich mit 8 Jahren im Kloster Mödingen bei Schwester Leonore. Allzu fleißig war ich aber nie. Die Drum Machine kam wohl das erste Mal in Form von Fruity Loops dazu. Das hat sich sehr gut ergänzt, da ich immer eigene kleine Songs komponieren wollte, mir aber ein Schlagzeug fehlte.
In manchen Blogs wirst du bereits als „Leipzig-Newcomer des Jahres“ gehandelt, denkst du, dass du diesem Titel in den kommenden Monaten gerecht werden kannst oder gehst du die Dinge nach deinem ersten Release erst mal ruhig an?
Über sowas habe ich mir noch keinerlei Gedanken gemacht. Ich glaube, dass aus Leipzig sehr viel gute und interessante Musik kommt. Ich hoffe einfach ein paar mal hier und da in Leipzig spielen zu dürfen. Einen weiteren Release wird es dieses Jahr auch geben. Sogar zum Anfassen und so. (lacht)
Leibniz – Quick Racket
Du stammst eigentlich aus Bayern und bist über Zwischenstation in Berlin nun in Leipzig gelandet. Was hat dich dahin verschlagen, und wie schätzt du die Musikszene von Leipzig ein? Alles prima oder ausbaufähig?
Ich studiere in Leipzig Medientechnik und kannte die Stadt auch zuvor schon dank einiger Besuche bei Freunden. Leipzig ist einfach wunderschön und hat sehr viel Kultur zu bieten. Die Party- und Musikszene ist toll, aber noch ausbaufähig. Es gibt wirklich richtig gute Partyreihen, aber leider gibt es auch viele langweilige 0815-Hände-in-die-Luft Partys auf denen man jeden Track kennt, ohne ihn je gehört zu haben. Ach, und dieses Bayern/Schwaben-Gentrifizierungs-Gerede ist äußerst langweilig. Ansonsten aber eine großartige Stadt!
Was hat es eigentlich mit deinem Künstleralias auf sich – wie bist du darauf gekommen und hast du keine Angst von diesem Kekshersteller irgendwann in Grund und Boden geklagt zu werden?
Mein Bruder und ich haben uns in jungen Jahren auf einer nicht enden wollenden Fahrt durch Polen über Nachnamen unterhalten, die wir besser fanden als unseren eigenen. Der beste wäre Leibniz, fand ich damals, und irgendwann kam der Punkt, wo ich einen Track aufgenommen, mir aber noch keinen Künstlernamen überlegt habe. Ohne an den Keks zu denken, entschied ich mich für Leibniz. Eine nicht allzu spannende Geschichte. (lacht)
Ich weiß, dass du auch gerne skatest, was man ja auch auf dem Cover deiner ersten EP sieht. Gibt es für dich einen Zusammenhang zwischen Skaten und dem Produzieren?
Ich habe viel Musik durch Skatevideos kennengelernt. Skateboarding und Musik haben definitiv Parallelen. Beides ist ein kreativer Prozess und Skateboarding hat einen gewissen Fluss von Bewegungen, den man bestimmt auch auf die Musik übertragen kann. Wahrscheinlich beeinflusst mich das ganze eher unterbewusst beim Musikmachen.
Verrate uns bitte deine drei liebsten Skatevideos und/oder Skater (alltime).
Sehr coole Frage, aber auch eine sehr schwere! Da gibt es wirklich viele… Lieblings-Skatevideos: Baker – 3, Toy Machine – Welcome to Hell und Emerica – This is Skateboarding… und Lieblings-Skater: Wes Kremer, Brandon Westgate und Willow.
Vielen Dank auch für deinen Mix – was war deine Idee dahinter, wie wurde er aufgenommen und wann?
Ich wollte einfach einen Mix machen, der zwar auf den Dancefloor schielt, aber auch gut im Wohnzimmer funktioniert. Außerdem versuche ich immer gute Tracks zu finden, die nicht alle aus einem Gerne stammen und nicht unbedingt jeder kennt. Das schlimmste wäre eine reine Hit-Compilation. Das kann jeder selbst machen. (lacht) Entstanden ist er im März und natürlich ist es auch kein reiner Vinyl-Mix. Mit einem Computer lässt sich einfach mehr machen und ich liebe es, Juke-Tracks richtig runter zu pitchen und etwas zu editieren. Der Andrea-Track ist sozusagen ein exklusiver Leibniz-Edit.
Sind bereits weitere Releases in Planung und wo bist du demnächst live unterwegs?
Ja! Ich bin unglaublich glücklich, da ich bald auf 4th Wave etwas releasen darf. Das hat sich erst vor ein paar Wochen ergeben. Ich bin selbst großer Fan des Labels und somit ist die Freude um so größer! Live spiele ich am 25. Mai in Strassbourg und am 25. August im Conne Island in Leipzig, wobei Ben UFO direkt nach mir spielt! Ganz schön verrückt, da ich schon ein kleiner Fanboy bin von dem Herrn UFO. (lacht)
Tracklist:
1. Lapalux – Without You feat. Kerry Latham (Brainfeeder)
2. Moiré // Lessons – Lose it (Werk Discs)
3. Anthony Naples – El Portal (The Trilogy Tapes)
4. DJ Samo – Leggo (L.I.E.S.)
5. Florian Kupfer – Feelin (L.I.E.S.)
6. STL – Sugar Cat (Something)
7. Surkin – Lakeside (Marble)
8. Andrea – Write Off (Daphne)
9. Andrea – Temper Tantrum (Daphne)
10. Parris Mitchell – The Underground (Dance Mania)
11. L-Vis 1990 – Ballad 4D (Night Slugs)
12. Teengirl Fantasy – Motif – Actress Remix (R & S Records)
13. Mike Dehnert – Sonderbar (Clone)
14. Sound Stream – Wenn Meine Mutti Wüsste (Ostgut Ton)
15. Lumigraph – Dorsia (Opal Tapes)
16. Randee Jean – You Got It – Dexter & Awanto3 mix1 (Clone)
17. Leibniz – Tois (Unreleased)
18. Traxman – Itz Crack (Planet Mu)
19. O.G.C. – Danjer (Duck Down)
Leibniz kann man auf Facebook, Soundcloud oder Twitter folgen.