“Ich lege eher neben meinem Beruf auf, zum Spaß, als Abwechslung”, sagt Denis Faneites. Genau das hört man seinen bunt gemixten, stilistisch vielseitigen Mixen auch an, die von Jazz über Soul bis hin zu Brazil und Afro Beat reichen. Tagsüber ist der Berliner mit venezolanischen Wurzeln Illustrator, seines detail- und farbenreichen Stil beschreibt er selbst als “naive Global Folk Art”. Nachts und bei Festivals oder Open-Airs legt er unter dem Namen Radio Hobo auf und bringt Platten aus den verschiedensten Genres und Ländern zusammen. Wir freuen uns über einen Mix von Denis für unsere Ashorecast-Reihe und sprachen mit ihm über seine Arbeit als Illustrator, seinen DJ-Stil, die besten Berliner Flohmärkte und vieles mehr.
Denis, wer erstmals bei Soundcloud auf dich aufmerksam wird, vermutet dahinter einen Radiosender – findet aber nur Mix von dir und Freunden, ganz ohne Moderation. Wie bist du auf den Namen gekommen und wofür steht er? Und wird es auch irgendwann mal “normale” Radioshows von dir geben?
Ich brauchte ein neues Pseudonym für dieses Projekt, eines, das nicht die Person in den Vordergrund stellt, sondern die Musik. Was hätte da besser gepasst als das Wort “Radio”? Ich als Freelancer bin ja nichts anderes als ein “Hobo” im klassischen Sinne, also ein Wanderarbeiter. Als DJ wandere ich musikalisch auch von einem Ort, zum Beispiel Jazz, zum anderen, der dann Afrobeat heißt, von Set zu Set und so weiter.
“Normale” Radioshows mit Moderation und Anekdötchen zu der Musik, darüber habe ich in letzter Zeit auch nachgedacht, zumal man mir vermehrt eine Radiostimme bescheinigte, und ich meine MP3-Sammlung auch gerne verbauen würde, aber momentan ist noch nichts konkret in Planung.
Deine Mixe sind sehr vielseitig und musikalisch breit gefächert, reichen von Funk, Jazz und Soul über Latin bis Brazil und Reggae etc. Womit hat es bei dir musikalisch begonnen? Und wo kaufst du in und außerhalb von Berlin derzeit am liebsten Platten?
Musikalisch begonnen hat bei mir alles mit HipHop. Jedoch habe ich schon recht früh, mit 15 ungefähr, auch direkt die gesampelten Originale gehört. Das war alles auf einem Tape von DJ Evil Dee, welches ich heute noch habe. Als ich 2012 von einem Freund, der eine Bar in Berlin-Kreuzberg hatte, gefragt wurde, ob ich nicht wöchentlich auflegen möchte, begann ich alle Stücke von diesem Tape auf Vinyl nachzukaufen, da ich hauptsächlich HipHop-Platten hatte, aber keinen HipHop auflegen wollte. Von Funk und Soul ging es dann zu Contemporary Stuff, zu Jazz zu Spiritual Jazz und so weiter.
Ich beziehe meist von Discogs und einem großen Online-Plattenanbieter in Berlin-Friedrichshain. Gelegentlich schaue ich auch bei Oye Records oder Funhouse Records vorbei. In Rotterdam, wo ich öfter bin, bei Vinylspot und Demon Fuzz. Mein Traum ist zum Beispiel in meinem Heimatland Venezuela diggen zu gehen, was in Anbetracht der momentanen Lage, wohl ein Traum bleiben wird.
Neben dem Auflegen bist du auch Illustrator, wie würdest du deinen Stil beschreiben und woher kommen deine Inspirationen? Was kam zuerst, das Auflegen oder die Arbeit als Grafiker?
Ich lege eher neben meinem Beruf auf, zum Spaß, als Abwechslung. Wenn jemand eine Party machen möchte und ich da reinpasse, dann bin ich immer gern dabei. Aber um als Dienstleister eine Bar mit Hintergrundmusik zu beschallen wie früher, oder eine eigene Partyreihe zu veranstalten, fehlt mir die Geduld, die Lust und die Zeit. Was die Arbeit als Illustrator angeht, die kam definitiv zuerst. Meine Arbeiten bezeichne ich gern als naive Global Folk Art, da ich die Inspirationen vornehmlich aus Teilen der Welt beziehe, die ich auch musikalisch Feier, das heißt vom afrikanischen und lateinamerikanischen Kontinent, wo meine Wurzeln liegen, und aus den wechselseitigen kulturellen Einflüssen beider Kontinente (vor 1980). Musik und die Malerei sind also eng verknüpft, beides habe ich irgendwie studiert, Grafik aber offiziell.
In einem Interview nanntest du als wichtige Inspiration einmal Flohmärkte. Was sind deine liebsten in Berlin, hast du vielleicht sogar einen Geheimtipp für uns?
Das muss ein altes Interview gewesen sein. Geheimtipps habe ich leider keine. Was Vinyl angeht, macht man auf Flohmärkten nicht mehr wirklich groß Schnapper, habe ich das Gefühl, beziehungsweise ist dort eher nicht das zu finden, was ich suche. Ansonsten, wenn das Wetter gut ist, besuche ich hin und wieder den Markt am Arkonaplatz oder Tiergarten oder den am Pergamonmuseum. Aber es ist definitiv seltener geworden.
Danke für deinen Mix! Wie und wo hast du ihn aufgenommen, gab es vorab ein Konzept?
Danke für die Möglichkeit! Das Konzept war, einen Mix aus meinen neusten Entdeckungen zu machen. Das meiste sind Platten, die ich auf der Underground Mindelo-Party in Rotterdam gehört habe. Ein Shoutout & Dankje wel geht an MF Andrade & Qoqonut. Aufgenommen habe ich dort, wo ich alle Vinyl-only-Mixe aufnehme: bei “El practicante”, von dem demnächst vermehrt eigene Mixe über Radio Hoho kommen werden – und ohne den es im Grunde dieses Projekt in der Form gar nicht geben würde. Ich habe derzeit nur 4-5 weitere in Planung, bevor ich den Kanal dann gänzlich für Gastmixe freimachen möchte. Solang bis das Konzept der “Radioshow” steht.
Wo kann man dich demnächst mal wieder auflegen hören?
Am 31. Juli im Nirgendwo nähe Berghain, beim Cool Whip Summer Funk Festival der befreundeten The Brides. Mit illustren Gästen wie DJ Sherm, Sven Atterton, Vexkiddy, Diskohengzt und anderen. Es wird wie immer tropisch und sehr funkig. Indoor wie Outdoor. Außerdem bin ich als Resident-DJ bei den Veranstaltungen von Poetry meets HipHop zu hören. Und lege hoffentlich bald mal in Wien auf.
Tracklist
Mit Songs von Oghene Kologbo & Afrobeat Academy, Osibisa, Togo All Stars, Quim Manuel, Bazare D Pablo, Sarabi, Nairobi Matata Jazz, Fela Kuti und vielen mehr.
Radio Hobo aka Denis Faneites kann man unter anderem auf Soundcloud, Facebook und Cargo Collective folgen.