15.10.2015  /  Sascha  /  Kategorie: Podcasts

Einseitiges Vinyl ist ja immer so eine Sache. Andererseits: Wer braucht schon B-Seiten, wenn man eine Nummer wie “How You Want It” von Victor Shan bekommt? Erschienen ist der Track 2014 auf dem Frankfurter Label The Healing Company, seitdem verfolge ich das musikalische Treiben von Shan mit Freude und stehe damit nicht alleine da, denn Sven Väth und Gerd Janson sind unter anderen ebenso Fans. Als Letzterer vor einigen Monaten Shans Track “Work It” in seinem Boiler Room-Set zusammen mit Ata droppte, nahmen die “Track ID?”-Fragen kein Ende. Zumindest bis zu dem Tag, als “Work It” endlich auf Jansons Label Running Back herauskam.

Shan

Ebendort erschien zuletzt ein Shan-Remix von Tensnakes “Holding Back (My Love)” und auf der von Janson compilierten Musik For Autobahns 2 der Track “Awakening”. Da geht also einiges bei Shan, und wir fragten einmal nach, wie er überhaupt zum Produzieren kam, was ihn musikalisch prägte und was die Idee zu seinem Ashorecast war, der unter anderem mit Tracks von Panthera Krause, Christian S und Shan selbst ums Eck kommt und sich bei uns bereits als effektives Hilfsmittel gegen erste Anzeichen von aufkommender Herbst-Schwermut bewies.

Victor, dein erstes Release war 2013 „How You Want It“ auf dem Frankfurter Label The Healing Company. Wie kam es dazu und wie lange hast du zu dem Zeitpunkt schon Musik produziert?
Ich war 2012 auf der Suche nach einem Label für ein paar meiner Tracks und Remixe und schrieb eine Handvoll Labels an, zu denen diese vielleicht passen könnten. Healing Company waren dann die ersten, die geantwortet hatten, nach kurzer Zeit kam dann auch ein positives Feedback zurück und der erste Solo-Release wurde daraufhin geplant. Zuvor hatte ich 2006 zusammen mit Freunden bereits eine Platte produziert und herausgebracht, davor 2001 eine klassische Battle Breaks Platte für HipHop-DJs und Turntablisten. 2001 war auch in etwa der Zeitpunkt, als Dance Music so langsam bei mir in den Fokus rückte. Das erste Equipment zum Produzieren habe ich mir 1996 recht kurz nach dem ersten Plattenspielernset gekauft. In den Jahren davor hatte ich mich gelegentlich mit Tracker-Sequencern aus der PC-Demo-Szene beschäftigt und erste Sampling-Erfahrungen mit einer 8-Bit-Soundkarte gemacht, aber ohne irgendwelche Ambitionen.

Shan – Bassline Party – Running Back 055 (2015)

Neben THC hast du auch schon auf Running Back veröffentlicht – wie kam der Kontakt zu Gerd Janson zustande? Kennt ihr euch schon länger?
Damals kannte ich Gerd schon von den Liquid-Abenden aus dem Robert Johnson und Running Back. “Chord Memories” wollte ich eigentlich 2012 mit einem anderen Track zusammen selbst auf einer 12-Inch rausbringen, da ich bis dahin kein Label gefunden hatte, welches Interesse an den beiden Tracks hatte. Als ich eines Abends beim ihm war, um ein ausgeliehenes Effektgerät zurückzubringen, fragte ich ihn ein bisschen zum Thema Masteringstudios und Presswerke aus, woraufhin er dann wohl neugierig wurde und sich diese beiden Tracks mal anhören wollte. Ein paar Wochen später hörte ich von einem gemeinsamen Freund, dass er “Chord Memories” in der Panorama Bar spielte und der Track auch ganz gut funktionierte. Gerd fragte mich dann, ob ich Interesse hätte, den Track auf Running Back zu releasen und ein knappes Jahr später kam dann auch die Platte heraus.

Shan – Work It (Piano Mix) – Running Back 055 (2015)

Dein Track „Work It“ auf Running Back gehörte zu den meistgesuchten aus Atas und Gerds Boiler Room-Set. Hattest du mit diesem Feedback gerechnet und hast du selbst eine Lieblingsversion, es sind ja insgesamt vier Stück.
Nein, das Feedback hat mich sehr überrascht. Eine Lieblingsversion habe ich nicht, alle vier Versionen gehen ein bisschen in verschieden Richtungen und spiegeln unterschiedliche musikalische Einflüsse von mir wieder.

Shan

Du stammst aus Mannheim beziehungsweise dem Umland von Frankfurt, was hat dich neben dem Robert Johnson noch musikalisch geprägt, gab es da wichtige Orte und Stationen?
Meine frühen Jahre von Mitte bis Ende der Neunziger waren sehr prägend für mich, weil vieles einfach noch sehr neu für mich war, wie zum Beispiel die ersten Erfahrungen mit Samplern und Synthesizern, oder das Experimentieren mit unterschiedlichen Sounds und Techniken bei Kollagen. Eine Platte, die damals sehr wichtig für mich war und mich auch stark beeinflusst und inspiriert hat, ist das Electro-Funk Album Beat Wars von Knightz Of Bass, das 1996 auf dem Mannheimer Label M-Pire Records erschienen ist. Die Mischung aus Oldschool-Electro-, Detroit-Techno-, Soundtrack- und Science-Fiction-Einflüssen, die minimalen Arrangementstrukturen, das Sounddesign und die düstere Atmosphäre hat bei mir direkt einen Nerv getroffen, ich wollte unbedingt auch selbst solche Musik produzieren! Auch die Tatsache, dass es nur wenige Kilometer von mir entfernt produziert wurde, hat mich total umgehauen und dann auch sehr motiviert, so etwas selbst zu versuchen. Ansonsten haben mich Filme und deren Soundtracks sowie Library- oder Production-Musik, die ja von ähnlicher Natur ist, sehr beeinflusst und tun es auch heute noch. Gerade die stark elektronischen Soundtracks von Suspence-, Horror-, Science-Fiction-, Exploitation-, B-Movie- und Experimentalfilmen haben es mir sehr angetan, ich verbinde gewisse Stimmungen in Tracks immer mit (bewegten) Bildern, oft sehe dann vor meinem geistigen Auge Filmszenen, auch welche, die so gar nicht existieren. Andere wichtige Orte, die mich musikalisch geprägt haben, gab es für mich bis heute nicht.

Danke für deinen Mix! Wie und wo hast du ihn aufgenommen, gab es eine Idee dazu?
Den Mix habe ich daheim im Homestudio mit zwei Technics, zwei CDJs und einem Vestax PMC26 aufgenommen. Eine spezielle Idee gab es nicht, ich habe dafür Tracks ausgesucht, die ich auch so im Club spielen würde.

Was steht in naher Zukunft bei dir in Sachen Veröffentlichungen an?
Mitte Oktober kommt eine Platte auf Todd Terrys Freeze Records mit Re-Edits von älteren Stücken von ihm heraus, welche Gerd und ich dieses Jahr gemacht haben. Die Re-Edits waren eigentlich nur für uns zum Auflagen gedacht, aber Serge von Clone hörte sie durch Gerd, hat dann Todd angeschrieben und eines führte dann zu anderen. Dann bringt Keith vom Optimo noch zwei Muzlimgauze-Remixe von Gerd und mir raus. Für Statue aus Australien habe ich auch noch zwei Remixe gemacht. Nächstes Jahr kommt dann wieder eine Platte auf Running Back.

Tracklist

1. Shan – Filter Meditation Tool (Running Back)
2. Christian S – Makina (Cómeme)
3. ZK Bucket – Isle Of You (Zaun Records)
4. Regelbau – Love Hotel (Regelbau)
5. Conga Radio – 168 North (Rush Hour)
6. Black Spuma – Hype Around (International Feel)
7. Junior Fairplay – How Do You Like Me Now ([Emotional] Especial)
8. DJ Shanté – Well, Well, Well (H.O.T. Records)
9. Usio – Gonna Make It (Studio Barnhus)
10. Pelifics – Voyage (Full Pupp)
11. Tensnake – Holding Back (My Love) (Tiger & Woods Remix) (Running Back)
12. Panthera Krause – If (Benjamin Fröhlich Basic Refix) (Permanent Vacation)
13. Acoustic High-End Research – Acid Child (Strada Records / Running Back)
14. The Far Out Monster Disco Orchestra – Vendetta (M. Pritchard Remix) (Far Out)

Shan kann man bei Soundcloud und Facebook folgen.