14.07.2015  /  Sascha  /  Kategorie: Podcasts

2008, Jena. Ich war neu in der Stadt und ein kleiner Hype machte die Runde. Auf Philpot, dem Label von Soulphiction, das zu jener Zeit ohnehin nur Pflichtplatten veröffentlichte, erschien der erste Teil der “Join The Resistance“-Reihe des damals noch 21 Jahre jungen Tim Toh, den bis dahin niemand auf dem Schirm hatte. Darauf zu hören war ein funky Amalgam aus Deep House, Jazz und Boogie, das groovt wie Hölle und zugleich mit einer lockerlässigen Verspieltheit überrascht. Es folgten Releases auf Mild Pitch und Ornaments, doch irgendwann wurde es ruhiger um Tim Toh.

Tim Toh

2015, Berlin. Tim Toh wohnt inzwischen an der Spree und meldet sich mit tollen Platten auf Ornaments und City Fly Records zurück. Außerdem übernahm er Ende Mai auf der Ashore-Party in der Grießmühle die DJ-Frühschicht und mixte für uns obendrauf den inzwischen 35. Ashorecast! Passend dazu stellten wir Tim ein paar Fragen zu seinen musikalischen Wurzeln, seiner langen Output-Pause, was ihn nach Berlin verschlug und vieles mehr.

Tim, die “Tourist EP” ist dein erstes Release seit drei Jahren. Wodurch kam diese lange Pause zustande, und ist in Zukunft wieder häufiger mit Musik von dir zu rechnen?
Ich bin viel umgezogen und habe mein Studium abgeschlossen. Ich brauche immer eine feste Basis und gute Randbedingungen, die haben gefehlt. Außerdem habe ich meine persönliche Haltung zum Leben und zur Musik neu definiert. Irgendwann hatte ich das Gefühl, einigen Dogmen unterlegen zu sein. Anstelle dessen empfand ich es für mich sinnvoller, in meinem Inneren zu forschen und weitere Facetten nach außen zu bringen und andere daran teilhaben zu lassen. Kurzum musste ich ein bisschen lockerer werden.

Tim Toh – Six – Join The Resistance (Part III) (2009)

Deine Platten erinnern teils stark an den experimentierfreudigen US-House eines Moodymann oder Theo Parrish, in deinen Sets ist viel Disco zu hören. Wo liegen sonst noch so deine musikalischen Wurzeln?
Wenn wir von Club sprechen, war es für mich am Anfang eher Tresor, Detroit Techno, Chicago. Dann kamen die frühen Perlon- und Playhouse-Sachen und dann eigentlich erst Detroit House. Irgendwann hat mich die Geschichte der Dance-Music-Kultur beschäftigt. Für mich war es Cosmic, New-York-Sound, Soul, Funk, Boogie, Electro, Psych-Rock. Meine persönliche Herausforderung war es dann, Harmonie in diesen Haufen zu bringen. Was ich wann spiele, mache ich von verschiedenen Faktoren abhängig und wird auch begrenzt durch die Musik, die ich dabei habe. Komischerweise denken viele gerade, dass ich nur Disco spiele. Als DJ habe ich meine Roots ganz klar auch im Techno und House. Ich habe schon immer gerne viele unterschiedliche Sachen gemacht, daher braucht es wahrscheinlich dann umso länger, um fertig zu werden.

Tim Toh

Seit ein paar Monaten lebst du in Berlin, wie kam es dazu, was hat dich aus dem Südwesten Deutschlands in die Hauptstadt verschlagen? Und wie gefällt es dir bis jetzt?
Die Zeit im Süden war wunderbar. In diesem Umfeld habe ich viele tolle Leute gehabt, die viel für die Szene in der Region machen, sei es mit Labels, Veranstaltungen oder Workshops. Ein großes Mysterium ist für mich nach wie vor, weshalb es die Subkultur im Süden so schwierig hat. Gestern erst saß ich mit den Loveit-Jungs aus Stuttgart zusammen und sie erzählen mir, dass sie Acts wie Portable oder DJ Deep buchen und am Ende doch nur knapp siebzig Leute aufkreuzen. Das ist natürlich ein Desaster für den Artist und für die Veranstalter. Ich habe selbst einige Male die gleichen Erfahrungen gemacht, da schleicht sich dann auch so eine gewisse Verdrossenheit ein. Vielleicht gibt es einen Zusammenhang mit den Leuten, die aus dem Süden nach Berlin gezogen sind. Was mich betrifft, leben mittlerweile einige meiner Freunde in Berlin und ich wollte der Stadt mal eine Chance geben. Ich glaube hier einen guten Boden für meine Projekte und viele neue Gleichgesinnte gefunden zu haben. Auch angenehm, dass es hier etwas freier ist und dazu noch das üppige kulinarische Angebot, ein Traum. An das Tempo muss ich mich noch gewöhnen.

Tim Toh & Toni Te – Flamingo Ghetto – Tourist EP (2015)

Auf Facebook war zu lesen, dass du derzeit zusammen mit Toni Te, der auch schon an der “Tourist EP” mitwirkte, an neuen Tracks feilst. Wann wird es da etwas zu hören geben, und arbeitest du in Berlin noch mit anderen Leuten zusammen?
Ja, Toni ist einer dieser Freunde, weshalb es sich gelohnt hat, nach Berlin zu kommen. Die ersten Sachen waren ein Versuch wie ESG zu klingen, nur scheitern wir ständig daran, aber daraus entstehen wieder eigenständige Stücke. Wann da etwas released wird, das steht noch nicht fest. Es gibt auch noch andere Leute in Berlin, mit deren ich an Sachen arbeite, aber mehr dazu, wenn das ganze steht. Die Sachen bewegen sich im Rahmen von Jazz, Techno, House, Song, Kitsch, Disco, Club. Also eigentlich wie immer.

Vielen Dank für deinen Mix! Wie und wo hast du ihn aufgenommen?
Aufgenommen habe ich den Mix in meinem Heimstudio. Man kann ihn als Querschnitt der Dinge betrachten, die mir gefallen und es ist auch unveröffentlichtes Material dabei.

Worauf können wir uns in naher Zukunft von dir freuen?
Im Juni kam die „Endorphinemachine EP“ für das Label Cityfly aus Leicester an. Da gab’s schon Support von Jimpster und Osunlade. Die EP geht mehr in Richtung House/Sampling. Dazu hat Thatmanmonkz einen Remix beigesteuert. Ansonsten widme ich diesen Sommer meinen Projekten mit Freunden, will da aber jetzt noch nicht so viel erzählen. Aber es gibt einiges und es wird sehr vielseitig.

Tracklist

1. Alexander Balanescu – Pocket Calculator
2. Tim Toh – Flamingo Nights
3. Tambien – Ondule
4. Jonathan Kaspar – Avoid (Maxi Mill Remix)
5. Château Flight – La Roquette
6. Fredi Michel – Enganami (Broke Remix)
7. Initial Pattern – Unbemanntes Projekt
8. The Maghreban – Smack
9. Todd Osborn – Beatapella
10. Funkineven – The Joker
11. Tim Toh – Strawberryeater (Undeep Edit)
12. Alland Byallo – A Place To See
13. Random Factor – Broken Mirror (Acid Jesus Mix)
14. Ugly Drums & Chesney – Kung Bao (Spicy Mix)
15. Theo Parrish – Beyoself (Benedikt Frey Edit)
16. Pépé Bradock – Abul Abbas
17. Unknown – Unknown

Tim Toh kann man auf Soundcloud und Facebook folgen.