13.10.2014  /  Sascha  /  Kategorie: Podcasts

Einen Brückenbauer, so nannte Das Filter vor wenigen Monaten den Berliner Steffen Laschinski alias Rising Sun, der nicht nur selbst auflegt, live spielt und produziert, sondern auch noch seit vielen Jahren so großartige Labels wie Styrax, Millions Of Moments oder Kristofferson Kristofferson betreibt. Von House über Techno und Dub Techno bis hin zu Ambient oder von UK Breakbeats beeinflusster Musik kann auf seinen Liebhaber-Plattformen beinah alles stattfinden. Und egal ob nun Reissues längst vergessener Klassiker oder neue, noch gänzlich unbekannte Künstler – wenn der Sound stimmt, wird es gemacht.
Für Ashore nahm er nun einen Podcast voll alter, aber ohne Zweifel zeitloser Drum’n’Bass-Tracks auf. Wie es dazu kam, welche Produzenten und Labels ihn in der goldenen Ära des D’n’B besonders gefielen, seine Meinung zum Breakbeat-Revival und wie es um seine Pläne für eine Drum’n’Bass-Party in Berlin steht, erzählt er uns im Interview.

Rising Sun

Hallo Steffen, in den Neunzigern erlebte Drum’n’Bass seine Hochphase – dich und dein Label kennt man eher durch House und Dub/Techno. Wann bist du auf Drum’n’Bass aufmerksam geworden, welche Momente verbindest du mit der Musik?
Also mich verbindet mit Breakbeat, Drum’n’Bass oder auch Jungle sehr viel. Ich fing an Ostküsten-Hip-Hop aufzulegen und im New Noize Berlin gab es eine sehr gute Selektion neben HipHop, auch an Techno, House sowie Breakbeat. An einem ruhigen und schönen Wintertag stand ich also im Laden und hörte mir bewusst mit dem Background ‚Shut Up And Dance‘ oder SL2’S ‚DJ’s Take Control’ Breakbeat-Platten an. Was ich gut fand, waren Platten vom Label Reinforced, 4 Hero, Manix, etc. Fast alles beim Breakbeat, war reines Sampling auf der MPC oder SP 1200. So fand man eigentlich hier die gleichen Samples aus Soul und Funk, wie beim HipHop. Das fand ich sehr interessant und machte mir auch Spaß. SUAD sampelte aber auch Techno aus Detroit, wie Derrick May oder Carl Craig. Für mich war Breakbeat ein reiner Brückenschlag zum House und Techno.
69’s ‚Desire‘ war für mich zum Beispiel der Zugang zu Detroit. Maurizios ‚T.T. / F.F.‘ zu Basic Channel. In den Jahren 1992/93 gab es dann die Bezeichnung Drum’n’Bass und das ganze entwickelte sich zu einem eigenen Stil, wie auch Jungle.

Hast du Lieblingslabels und -künstler aus dieser Zeit?!
Um einige zu nennen: Photek, A Guy Called Gerald, Paradox, 4hero, Source Direct, J.Majik, Omni Trio. Bei den Labels waren es Moving Shadows, Metalheads, Source Direct Records, Reinforced, V Recordings, SUAD oder Photek.


Rising Sun – Nostalgia (Kristofferson 001uc, 2012)

Nach der Jahrtausendwende verloren viele Leute das Interesse an Drum’n’Bass, Dubstep entstand, D’n’B ist vielen zu formell geworden – ging es dir ähnlich?
Das hat für mich schon 1997/98 angefangen. Nachdem ‚Torque‘ auf No U-Turn herauskam, was ich sehr mochte, gab es danach so was wie einen Wettlauf. Wer wird böser, dunkler oder härter. Was erstmal nichts schlimmes ist, entpuppte sich aber für meine Interpretation als komplett seelenloses Spiel, als Konkurrenzkampf. Die anderen Versuchten sich im Crossover, im Pop. Nichts ging mehr zusammen. D’n’B verlor ich aus dem Auge, es interessierte mich einfach nicht mehr.

Rising Sun

In den vergangenen zwei bis drei Jahren gab es ein Jungle-, Breakbeat- und eben Drum’n’Bass- Revival. Wie gefallen dir die Updates des D’n’B-Sounds von Künstlern wie Sam Binga, Om Unit, Fracture oder vielen mehr, und wo kann es für das Genre noch hingehen?
Also natürlich finde ich d’Brigde’s Label Exit wirklich fantastisch. Und zum Beispiel war Synkro/Indigos – Guidance einer meiner Lieblingsplatten in 2011. Daraus folgte auch meine Anfrage an Synkro für Styrax und MOM. Also in bestimmten Zeitphasen gibt es immer Revivals. Die gibt es bei Detroit oder auch Dub Techno. Alles sollte nur behutsamer behandelt werden und nicht sofort wieder ausgeschlachtet werden. Junge Produzenten werden auf jeden Fall neue Ideen einwerfen und anders an das Thema heran gehen, andere Sichtweisen erstellen, weil sie sich unbefangener dem Thema näheren. Die umsetzbaren Möglichkeiten sind heute auch ganz andere. Dubstep zum Beispiel war ja nichts anderes, als eine entschleunigte Variante von Drum’n’Bass. Der Bass bekam wieder eine Bedeutung.


Synkro & Indigo – Guidance (Exit, 2011)

Auf MOM UK hast du britisch beeinflusste und breakige Sachen veröffentlicht – wird es auf dem Label weitere Veröffentlichungen geben?
Es ist und bleibt ein Liebhaberding. Du musst als Label natürlich auch schauen, dass alles im Rahmen bleibt. Es ist nunmal so, dass alles nur noch eine Promotion für die Künstler ist. Weiterhin liegen die Verkäufe bei Dubstep etc. mehr im digitalen Bereich. Siehe hier auch die vertrieblichen Pleiten. Es ist echt schwer so etwas als Schallplatte zu verkaufen. Wenn etwas bei mir Interesse erweckt hat, werde ich aber auch nicht nein sagen.

Auf Facebook hast du einmal laut überlegt, ob man nicht mal wieder eine Party machen könnte, wo nur Drum’n’Bass läuft – gibt es diesbezüglich inzwischen konkrete Planungen oder wäre das nicht vielleicht doch zu nostalgisch?
Ja, Überlegungen und Ideen waren und sind immer noch da. Ausgerufen wurde ein bestimmter Zeitabschnitt. Egal ob nun Breakbeats, Jungle, Drum’n’Bass. Wichtig ist doch, dass es Seele hat, zeitlos ist. Aber vielleicht findet man mal eine Gelegenheit, diesen Sound wieder dem jüngeren Publikum nahe zu bringen. Ich bin durch und durch Nostalgiker. Wieso eine musikalisch erlebte Phase nicht noch mal neu erleben, mit einem neuen Publikum? Nostalgisch sind ja auch die hörbaren Wurzeln (Breakbeat) bei jeder Head High-Platte und die werden verstanden. Vielleicht lerne ich noch ein paar neue Moves dazu, wer weiß?


Rising Sun – NY 94 (Awake From A Dream, Wake Up! Records, 2013)

Worauf können wir uns in naher Zukunft von dir und deinen Labels freuen?
Da ich sämtliche Labels nur noch nebenberuflich mache, sind Release-Pläne und -Termine eher Nebensache. Ich freue mich aber immer, wenn doch noch was zustande kommt, wie zum Beispiel eine Reissue von Felix Da Housecat oder ein John Beltran-Album. Millions Of Moments geht auf die dreißigste Veröffentlichung zu, da stehen auch neue Releases auf dem Plan. Von Deep House bis Dub Techno. Rising Sun-EPs und -Edits auch bald auf Kristofferson Kristofferson.

Wo kann man dich demnächst mal wieder live oder als DJ erleben?
Live spielen wollte ich dieses Jahr nicht mehr, Schallplatten auflegen hingegen eventuell schon.

Tracklist

Folgt… oder auch nicht. Viel Spaß beim Raten!

Rising Sun kann man auf Soundcloud, Facebook oder Tumblr folgen.