Als das Institut für Zukunft in Leipzig Anfang Mai dieses Jahres endlich seine Clubtüren öffnete, war auch ich vor Ort. Und neben den Sets von Acid Maria, Artèmis oder OneTake hinterließ ganz besonders die Musik von Girlz Edit bei mir Eindruck. Soviel, dass ich Neele (die an diesem Abend back2back mit Schana auflegte) direkt um einen Podcast für Ashore fragen musste. Knapp dreieinhalb Monate später und der Mix ist fertig und wiedermal so ein großartiger Hybrid aus Techno, House und Bassmusik, der genauso Four-To-The-Floor wie die gebrochenen Beats beherrscht und einfach ohne Ende groovet. Für über eine Stunde kommen hier etwa Four Tet, Hodge, Asusu und auch Leipziger Produzenten wie Kassem Mosse oder Mix Mup zusammen. Wir sprachen zudem mit Neele über die Idee hinter Girlz Edit, ihre musikalische Entwicklung, Leipzig und das Conne Island.
Neele, seit wann legst du auf, wie hat das angefangen und was hat deinen Stil im Laufe der Zeit am meisten geprägt?
Das erste mal aufgelegt habe ich 2008, da würde ich aber noch lange nicht davon sprechen, dass ich seitdem DJ bin. Ich denke, dass ich seit ungefähr drei bis vier Jahren die ganze Sache etwas ernsthafter betreibe. Angefangen habe ich auch mit gebrochenen Sachen, vorwiegend Dubstep, was das Ganze auch etwas komplizierter gemacht hatte. Mittlerweile denke ich schon, einen eigenen Stil zu besitzen, selbst wenn ich ein House-Set spiele, hört man, woher ich musikalisch komme – einen Faible für UK-Musik hatte ich dabei schon immer.
Mit deinen DJ-Sets wandelst du (alleine oder back2back mit Schana) zwischen Dubstep, Bassmusik, Techno und House. Hast du das Gefühl, dass das Publikum für diesen Stilmix dieser Tage offener denn je ist?
Offener ist das Publikum auf jeden Fall geworden, was aber auch daran liegt, dass die Genres generell immer mehr verschwimmen – das kommt uns natürlich entgegen. Ich war persönlich noch nie der Typ, der stundenlang denselben 909-Techno-Beat abfeiert und bin daher auch großer Fan von DJs wie Oneman, Ben UFO oder auch Optimo.
Du bist Teil von Girlz Edit. Wer gehört noch dazu, wie habt ihr zusammengefunden und was ist die Idee dahinter?
Zum harten Kern der Girlz Edit Crew (oder auch G-Edit) gehören zum einen Buzy A, welche sich eher im dreckigen HipHop beheimatet fühlt und Schana, die zur Zeit eher auf gerade Beats schwört. Doch die Crew nur auf die beiden zu beschränken, wäre zu wenig, denn es gibt noch einige SupporterInnen im Hintergrund, welche auch andere Musikstile bedienen. Mit Karete habe ich zum Beispiel auch noch ein House-DJ-Team oder Schana mit Salomé ein Techno-Projekt.
Die Idee hinter der Gründung einer solchen Crew, war der, dass uns die männliche Dominanz im Clubbereich einfach genervt hat – erst wurden wir einzeln überhaupt nicht wahrgenommen und dann ständig als ‘Quotenfrauen’ gebucht – wir haben gemerkt, dass man mit bloßer Kritik daran nichts ändern kann. Daher haben wir selbst Initiative ergriffen und die Crew mit einer dazugehörigen Radioshow ins Leben gerufen, bei der wir vorwiegend Female Artists vorgestellt haben, um den Bookern auch Alternativen aufzuzeigen. Mittlerweile haben wir auch einen eigenen DJ-Proberaum im Conne Island geschaffen und machen G-Edit-Klubnächte.
Wie entscheidet ihr dabei, wen ihr bucht und wie liefen die bisherigen Partys?
Die Girlz Edit Nights werden eigentlich nach einem bestimmten Sound gebucht. Zwar war die erste Klub Nacht mit einem durchgängig weiblichen Line-up besetzt, die zweite hingegen nur 50/50. Das finde ich jedoch genau richtig, wir müssen uns nicht mehr verkrampfen, um ein halbwegs ausgewogenes Line-up zu gestalten, es passiert einfach, sodass der Sound im Vordergrund steht. So hat im Oktober letzten Jahres Beneath auf unserer Party gespielt, aus dem einfachen Grund, weil er ein Musikgenre oder eher mehrere bedient, die unserem Stil ähneln und das in Leipzig kaum gespielt wird, obwohl es Bedarf danach gibt.
Seit wann wohnst du in Leipzig und bist du zufrieden mit der elektronischen Musikszene der Stadt? Was macht Leipzig besonders, aber was sollte sich auch ändern?
Ich wohne schon mein ganzes Leben in Leipzig und muss sagen, dass man mit der Musikszene hier schon sehr verwöhnt ist. Ständig entstehen neue Projekte, neue Clubs, neue Off-Locations – es gibt eine Dynamik in der Stadt und das merkt man auch in der elektronischen Szene. Leibniz, Perm, Talski oder auch Mix Mup und Kassem Mosse sind für mich aus der Stadt nicht mehr wegzudenken. Des Weiteren gibt es auch eine starke linksorientierte Szene, die die Partys prägt, das finde ich sehr gut, da dort auch Themen, wie Frauen in der elektronischen Musik, gut aufgenommen und bearbeitet werden. Etwas unzufrieden bin ich mit der hiesigen Bassmusik-Szene, allerdings würde ich das nicht an Leipzig festmachen, das ist, glaube ich, so in Szenen, die gern dicke Hosen tragen, da fühlt sich jeder immer gleich auf den Schlips getreten.
Du arbeitest auch für das Conne Island – was genau machst du dort und wie würdest du den “Club” jemandem beschreiben, der noch nie dort war?
Das Conne Island ist nicht nur ein Club, es liegt im Auge des Betrachters. Es ist Konzertschuppen, infrastruktureller Anlaufpunkt für Politgruppen, Kinogelände, HipHop-Palast, Bingo Arena… Es ist wirklich schwierig, den Laden nur auf elektronische Musik herunterzubrechen, da es eine Insel ist auf der Leute partizipieren können. Das Conne Island richtet sich sozusagen danach aus, welche Leute gerade den Laden (ob nun amtlich oder ehrenamtlich) betreiben. Wenn wir Bock auf einen DJ-Proberaum haben, machen wir das. Wenn wir Bock auf Electric Island haben, machen wir das auch. Dennoch gibt es ein paar feste Strukturen, die ein Laden von der Größe einfach haben muss, allerdings hierarchiefrei, heißt, es gibt keinen Chef, sondern das montägliche offene Plenum entscheidet im Konsens.
Beschreiben würde ich den Club dennoch, als einen mit einem guten Booking, einer geilen Anlage und einer gewissen Affinität zum Punkrock, egal in welcher Sparte.
Produzierst du auch selbst Musik und wenn ja, wo man kann man etwas davon hören beziehungsweise ist ein Release geplant?
Ich habe es hin und wieder versucht. Irgendwann habe ich mir dann gesagt, dass ich erstmal richtig auflegen will, bevor ich mich ans Produzieren herantraue. Der Zeitpunkt ist jetzt gekommen und ich spiele tatsächlich mit dem Gedanken. Aber von einem Release bin ich noch weit entfernt!
Vielen Dank für deinen Ashorecast – wie und wo hast du ihn aufgenommen und gab es eine bestimmte Idee oder ein Konzept dazu?
Die Idee dahinter war, wie bei fast allen G-Edit-Sachen, dass der Mix musikalisch nicht auf ein Genre beschränkt sein sollte. Das klingt erstmal gut, ist aber in der Umsetzung deutlich anspruchsvoller und schwieriger. Man muss daher auf ein bestimmtes Ziel oder einen bestimmten Sound hinarbeiten, damit es auch funktioniert, sonst verlieren die Tracks ihre Wirkung. Manchmal bin ich selber erstaunt, was alles funktioniert. Den Mix habe ich im DJ-Proberaum im Conne Island aufgenommen, benutzt habe ich zwei Techniks MK1210 und einen Vestax PcV-275 Mixer.
Tracklist
1. Bambooman – Cast (Sonic Router)
2. Barnt – Ariola (Cómeme)
3. Mix Mup – Doomed (Hinge Finger)
4. De:pot – And If I (Bigbait)
5. Kassem Mosse – B1, Untitled (Workshop)
6. Wbeeza – I Want U Now (pFlymusic)
7. Asusu – Sister (Nick Höppner Remix) (Livity Sound)
8. Midland – Placement (Lone Remix) (Aus)
9. Pedestrian & Jasperdrum – Kalakuta (2nd Drop)
10. Trevor Deep Jr – Merge (Nsyde)
11. Effi – Forth (Arka Remix) (Discos Dead Records)
12. Smell the Flesh – Struck By Venom (Skudge White)
13. Hodge – Amor Fati (Livity Sound)
14. Trusta – Hypnotic (Swamp81)
15. Four Tet – Our Navigation (Text Records)
Neele kann man bei Soundcloud folgen. Girlz Edit ebenso und auf Facebook.