07.08.2012  /  Jan  /  Kategorie: Platte der Woche

shed-killer

Soviel Vertrauensvorschuss haben Musiker selten, doch Sheds aktuelles Album The Killer war ein Blindkauf. Keine Soundcloud-Schnipsel, Onlineshop-Anspieler oder Reinhören im Plattenladen. Spannung war also garantiert, als die Nadel Erstkontakt mit dem satt rotierenden 180g-Vinyl aufnahm. Der erste Track „STP3/The Killer” fängt langsam an und gleich sind sie wieder da: Die Sounds, die man am besten (und durchaus positiv!) als rhythmische Nebengeräusche bezeichnet. Darüber schiebt sich nach und nach ein verrauschtes und zaghaftes Piano, eigentlich fehlt jetzt nur noch eine druckvolle Kickdrum und fertig wäre die Hard Wax’sche „curios techno bomb“.

Aber der Einstieg ohne Druck macht auch klar, was vom Rest des Albums zu erwarten ist und warum Rene Pawlowitz für das 3. Shed-Album von Ostgut Ton zu 50 Weapons wechselte. Denn zumindest unter dem Pseudonym Shed hat er sich mittlerweile so weit vom großen und funktionalen Technozirkus entfernt, dass „The Killer“ bei Ostgut Ton aufgefallen wäre wie ein Zebra in einer Herde Ponys. Am ehesten schließt der unbarmherzige Knaller “I Come By Night“ am konventionellen Techno an, der Titel lässt unumwunden auf den Inhalt schließen: Marschmusik für Nachtaktive & Energiereserve für Nimmermüde, die ein 48h-Deo auch wirklich brauchen, weil sie 48h wach sind. Soviel zum Techno auf „The Killer“, denn dann kommen Tracks wie „Day After”, „Viomf!/The Filler“ oder „Follow The Leader“, die ein Musikjournalist des britischen Q Magazine als Postdubstep bezeichnet. Schwierig. Nicht die Tracks – die sind wunderbar!

Klar, hier ist eine Beeinflussung durch modernste britische Klangforschung nicht abzustreiten. Zum Verständnis hilft auch ein Blick in den restlichen Katalog von 50 Weapons, doch deutsche Labelkollegen wie Phon.o oder Modeselektor sind viel näher dran am Klang der Insel. Shed hingegen assimiliert zwar, lässt das Ergebnis aber extrem eigenständig, rau und derb klingen. Wenn schon Schublade, dann vielleicht Berlincore? Future Garage Techno? Dubtechnopost[…]step? Am Ende des Albums steht zumindest eins fest: Blindkauf erfolgreich, keine Sekunde Reue. Auch das nächste Album von Shed hat sehr gute Chancen, ungehört im Einkaufskorb zu landen.