Es ist 2002, meine Freundin ist weg und bräunt sich in der Südsee… Nein, es war das Jahr, in dem „New-Jazz“ endgültig im Latte-Macchiato-Schaum ersoff, Drum’n’Bass immer mehr mit Härte statt Groove aufstumpfte und Electro popverclasht wurde. Es war aber auch das Jahr, in dem ein Genrebegriff samt Soundästhetik anfing, in Clubs und auf Wiesen das Tanzverhalten zu beherrschen. Fast zehn Jahre nach Robert Hoods Meisterwerk Minimal Nation, wurde eine „Minimal World“ daraus. Später frickelte und lahmte sich das Ganze entweder ins Langeweileabseits, zurück in den „Underground“ zum Umdenken, oder mutierte zur digital durch-designten Marketing-Eventmaschine mit VIP-Lächerlichkeiten und diversen viralen Ausrutschern.
Mathew Jonson – Typerope
Es gibt aber ein paar Nuggets, welche alles schadlos überstanden haben. Zu diesen gehört der Kanadier Mathew Jonson. Sicherlich auch, weil er schon immer eine signifikante Klanghandschrift vorweisen konnte und das Hackeln und Frickeln mal schön sein lies. The Artist formely known as Minimalbotschafter Villalobos trug damals auf einem Bild, ich glaube in der Groove, ein T-Shirt mit dem Zungenbrecher “Itiswhatitis”. Ich bin mir sicher, etliche Checker haben den Bossen hinterm Tresen in Hard Wax & Co. ein Lächeln abringen können, beim Versuch eigeninterpretativ nach dem Label zu fragen. Ich gehörte dazu. Es war ein Label der Stunde, es lugte heraus aus der Minimalsoße. Besonders ein Track machte alle fertig: „Typerope“. Das tut dieses hoch infiziöse Lust-Biest von Klangkultur immer noch, mehr noch als der spätere Jonson-Hit-Kompressor “Decompression”. Vielleicht ist dieses Stück mein “I will survive”. Wenn es irgendwo läuft, lasse ich alles fallen, man findet mich vorn im Pit, Daumen und Zeigefinger zur Pfeifpose unter die Zunge gekrümmt. Selbst wenn ich es selber spiele, liebäugle ich mit diesem Gedanken, quasi die Seiten zu wechseln. Was soll das Gelaber? REPRESS-Alarm gerade Ihr liebenswerten Feierhonks! Fettes Brot ist das, auch 2013, im Übrigen gilt dies auch für die tolle B-Seite. Pflichtplatte fürs ganze Leben.
Zudem hat es mir aktuell eine 10-Inch mit DJ Rum Remixen auf 2nd Drop besonders angetan. Limited Edition of 300, klaro. Beide Seiten sind finest Bass-Music. Die A-Seite ist derb steiler Hip-Woop-Hop, die Flip ein burialeskes UK-House-Goodie vom Feinsten. Drop it like it hot.
Wer Oliver Goldt mal beim Diggen über die Schultern geschaut hat, weiß, welche Formen der Jäger- und Sammlertrieb auch nach etlichen Jahren und zig Regalen voll des Schwarzen Goldes noch annehmen kann. Seine Sets stecken nicht ohne Grund voll ungehörter Schmuckstück-Buden. A DJ’s DJ, der auch schreiben kann – danke, Olli!