Es war mal wieder so ein Moment beim Plattenladenbesuch, den man als sensibler Oberdigger so liebt und fürchtet. Lange nicht dagewesen, verdammt, diese Flut an Neuheiten. Wo war eigentlich gleich noch mal der Zettel im Kopf, wo die Sachen drauf stehen, die must check vorgemerkt sind?! Du, Ladenmeister, ich brauche Hilfe… Klar, alles geschieht in nonverbaler Coolness, Haltung bewahren schließlich. Jedenfalls steh’ ich da mit einem staatlichen Stapel, verschiebe den Anhörtermin wohlweislich durch feinste Gespräche, ach huch, schon wieder alle besetzt die Anhörplätze, auch gut. Der Stapel wächst – die Gespräche gehen tiefer. So, jetzt aber. Gerade die Kopfhörer aufbequemt, ein seichter Schulterklopf von hinten links, ein weiteres Scheibchen noch schnell wortlos gereicht, einfach ungefragt zu den anderen 131 Probanten gestellt.
Mara TK – Run (Moodymann Remix)
Genau die war es dann, die eine Specialplatte, bei der man eigentlich sofort aufhört, weiter zu suchen & hören, wenn da nicht das Suchtverhalten wäre. Mara TK, bisher noch nie was von gehört. Danke Paul aus dem Fatplastics, was für eine Platte. Alle vier Lieder hauen dermaßen Soul aus den Rillen. Die original Tracks “Run” und “Anyone Here?” machen das moderne Marvin-Gaye-Männchen, sabbern dabei aber null rum. Dann sind da noch Moodymann & Simbad Remixe, also zwei Garanten fürs so genannte Ungehört-Eintüten. Die machen den Vinylkohl noch richtig fett mit Trittfett im Tanzkeller. Bei Kenny Dixon funkschaffelt es so dermaßen ins Genick. Schöne Freiheit darf ich bitte sofort und ganz schnell. Simbad tunet die Geschwindigkeit noch etwas an und hebt seinen Remix auf den UK-House-Floor. Ich bin mir sicher, diese Platte wird nicht rosten. Mara TK, auf einmal hab ich doch schon was gehört von ihm, denn er ist ein Drittel von Electric Wire Hustle. Und die haben bereits 2012 ein ganz tolles Album auf BBE hingelegt.
Wer Oliver Goldt mal beim Diggen über die Schultern geschaut hat, weiß, welche Formen der Jäger- und Sammlertrieb auch nach etlichen Jahren und zig Regalen voll des Schwarzen Goldes noch annehmen kann. Seine Sets stecken nicht ohne Grund voll ungehörter Schmuckstück-Buden. A DJ’s DJ, der auch schreiben kann – danke, Olli!