21.01.2014  /  Moritz Leibniz  /  Kategorie: Platte der Woche

platte-der-woche-kyuss

Falls ihr jemals in die Situation kommen solltet, euch an einem brühend heißen Sonntagmittag mit einem 68er Ford Mustang Cabrio – im besten Fall schwarz – in der Wüste Nevadas volltrunken eine Verfolgungsjagd mit einem Highway-Cop zu liefern, empfehle ich euch Blues For The Red Sun (Dali Records, 1992) von Kyuss in den CD-Spieler einzulegen. Zumindest war das das einzig logische Szenario, was ich mir beim ersten Hören dieses Albums mit meinen 15 Jahren in den Sinn kam. Immer noch halte ich diese für die optimale Situation.

Wenn beim Opener-Track „Thumb“ nach einer knappen Minute Intro das Schlagzeug einsetzt und Josh Homme den Overdrive anschmeißt, wird man von einer Wand aus Gitarreriff und Bassline überfahren. Der Sound hat Druck, ist dreckig und vor allem wahnsinnig cool. Die enormen Tiefen sind wohl Gitarrist Josh Homme zu verdanken. Nicht nur hat er seine Gitarre komplette vier Halbtöne nach unten gestimmt, sondern er schickt seine düster groovenden Gitarren-Akkorde auch vorzugsweise durch einen Bassverstärker. Als dann die erste Textzeile des Sängers John Gracia („You don’t seem to understand the deal“) erklingt , hat man auf jeden Fall eines verstanden: Es handelt sich um Wüsten-Rock vom feinsten. Natürlich ist für den Ahnungslosen Gracias Stimme erst einmal gewöhnungsbedürftig, da sie klingt, als hätte er seine erste Zigarette bereits im Mutterleib geraucht.


Kyuss – Blues For The Red Sun (komplettes Album)

So sehr ich diesen Ausdruck vermeiden wollte, muss ich es doch sagen: Diese Musik und insbesondere Gracias Stimme haben Eier. Enorme Eier. Jedoch wirken die Songs auf dem Album nie stumpf, sonder stets funky und sogar tanzbar. Wer sich auf diesen Sound einlassen kann, wird in keine neuen intellektuellen Sphären eintauchen, aber spätestens beim dritten Track „Molten Universe“ eine Lust nach Bier und exzessivem Headbanging verspüren. Das Album macht einfach Spaß.

Image
Kyuss live

Chris Goss, der Produzent des Albums hat den Songs großen dynamischen Freiraum eingeräumt, was gerade im Vergleich zu aktuellen Produktionen extrem erfrischend klingt. Toll ist außerdem, dass es zwischen den Songs praktisch keine Pausen gibt. Somit wirkten die fünfzig Minuten Spielzeit wie eine große Stoner-Session, die bei längerem Hören geradezu hypnotisiert. Für mich persönlich war dieses Album der Grund, wieso ich Gitarre spielen lernen wollte. Diese düsteren und dreckigen Gitarrenriffs sind für mich nach wie vor die coolsten überhaupt.


leibniz

Leibniz – nur echt mit 52 Musikgeschmäckern! Moritz aus Leipzig veröffentlicht auf Labels wie Fairplay oder Fourth Wave nicht nur Tracks von Downbeat bis Techno, sondern hört darüber hinaus noch (fast) alles von A-Z, was nicht Abba bis Zappa heißen muss, sondern Rap oder eben Stoner Rock. Wer ihn noch nicht kennt: Ashorecast #5 von Leibniz.