Sechs Radiosendungen, vierzehn Podcasts und unzählige tolle Platten, Partys und Begegnungen vor und hinter den Decks, das war das Ashore-Jahr 2014. Doch bevor das laufende Jahr dann tatsächlich Adieu sagt, wollen wir noch einmal zurückblicken – und fragten dazu unsere Radio- und Podcastgäste aus 2014 nach ihrem Lieblingstrack des Jahres und was sie mit ihm verbinden. Denn tolle Tracks und Alben gab es auch dieses Mal wieder gewiss zu Genüge – doch mit manchen Stücken verbindet man eben mehr als “Geiler Tune”, “Full Support” und “Will play”.
Vielen Dank für ihre Favoriten, Podcasts, Radiobesuche und Musik an Uta, Cass, Stanley Schmidt, The Marx Trukker, Marbod, Johannes Beck, Johannes Albert, Scherbe, Neele und Oliver Goldt (v. l. o. n. r. u.)! Und vielen Dank auch an reboot.fm für den Support!
Scherbe:
Young Marco – Sea World (ESP Institute)
„Dieses Jahr war für mich musikalisch gesehen ein tolles Jahr und auch für das, was House Music ausmacht – Vielfalt, Deepness, über den Tellerrand schauen! Es war auch ein unfassbar großes Jahr der Longplayer (Actress, 2562, Aphex Twin, Cuthead, Mark und Tony etc.), daher fällt meine Wahl auch auf einen Track aus einem Album. Ich hatte bereits schon vor etwa drei Jahren von Young Marco, der aus Amsterdam kommt, gehört und war von seiner Herangehensweise an „House“ komplett beeindruckt. Diese knalligen early-90er Workstation-Synths, die ich selber auch so lieb habe (ich sage nur Korg M1), diese knuffeligen MPC-Drums, aufs Wesentliche konzentriert und dazu dann diese zeitlose, Larry Heard-ähnliche Verspieltheit in den Melodien machen für mich die Klasse von Young Marco aus. Er hatte in letzter Zeit schon übelst derbe Remixe und eine Maxi auf dem kongenialen ESP Institute-Label von Über-Digger Lovefingers (betrieb lange einen der besten Disco-Blogs des Internets und war ein wesentlicher Einfluss für mich) herausgebracht, und dass er sein Album jetzt auch dort veröffentlicht hat, ist nur die logische Konsequenz! “Sea World” ist mein Lieblingstrack dieses famosen Albums, welches mich immer wieder glücklich macht und soviel von dem, was ich an House schätze, beinhaltet und deshalb mein klarer Favorit des Jahres 2014 ist – Melodien für Millioden (sic) und Ohrwürmer bis in den Frühling!“
The Marx Trukker:
The Marx Trukker – Just Another Inharmonic Heartbreaker (Noorden)
„Der Track lag bei mir schon eine Weile herum, vielleicht drei Jahre oder so, bis er dann 2014 tatsächlich veröffentlicht wurde. Und er ist für mich eigentlich in vielerlei Hinsicht besonders, allem voran ist es die erste Platte gewesen, bei der ich im Entstehungsprozess (inklusive dem finanziellen Risiko) ziemlich nah dran war. Alex von Noorden ist wirklich ein toller Arbeitspartner für sowas und hält einem immer auf dem Laufenden über den aktuellen Prozess. Ich finde, bei dem Track kommen meine verschiedenen Einflüsse wirklich gut zusammen, also Rhythmus, Gitarre und Sounddesign – und wo ich dann eigentlich auch von Anfang an für mich wusste, dass einfach alles passt, also Thema, Umsetzung und so. Für so einen Track sucht man dann mehr oder weniger unbewusst nach dem richtigen Rahmen und besser als mit Zzzzra auf der B-Seite und dem Design und der Umsetzung von Alex hätte es gar nicht kommen können. Das ist so eine Sache, wo ich mich auch noch in Jahren freuen werde, sie gemacht zu haben, so ein persönlicher Meilenstein irgendwie.“
Neele:
Trevor Deep Jr – Merge (Nsyde)
„Auch wenn der Track erst Mitte August erschienen ist, küre ich ihn zum Track des Jahres. Es ist alles drin, was ich mir für den Dancefloor wünsche: House-Chords auf einem wummernden Technobeat gemischt mit Dubs à la Basic Channel und einer gewissen Affinität zu Acid! Einfach eine deepe Bude für den Plattenteller. Der Track ist auch in meinem Ashorecast zu hören, da kam die grad raus!“
Marbod:
Mura Oka – Horizon Rouge (Latency Recordings)
„Horizon Rouge von Mura Oka ist mein Lieblingstrack 2014 und nicht nur der, sondern das ganze Album ist für mich ein absoluter Traum. Der wohl schönste Moment, den ich mit diesem Track verbinde, ist der, als ich ihn in den Morgenstunden bei meinem Set im ://about blank, so ziemlich am Ende des Sets spielte und ich einfach jede Menge glücklicher und zufriedener Gäste vor mir sah. Da bekommt man zum Track schon Gänsehaut und wenn man das dann auch noch mit anderen teilen kann, denen es genauso geht, ist es schon richtig toll. Danke Latency Recordings und Mura Oka für diesen Track.“
Stanley Schmidt:
Traumprinz – All The Things (Giegling)
„Natürlich ist es immer schwer, sich auf eine Platte festzulegen. aber ein Song, der mir 2014 wirklich viel bedeutet hat, ist “All The Things” von Traumprinz. Wie so viele Platten von dem mysteriösen Traumprinz, hat mich “All The Things” wirklich tief berührt und ich hatte das Gefühl, dass die Platte genau in dem Moment herauskam, in dem ich sie gebraucht habe. Das Vocal und der Text haben schon fast etwas religiöses, aber auf so eine intime Art und Weise, dass man wirklich das Gefühl hat, dass es jemanden gibt, der “all the things” für einen tut, und dass man deswegen nicht weinen braucht, auch wenn der Weg lang ist. Schließlich habe ich die Platte auch in der Panorama Bar gespielt, wo ich dieses Jahr das erste Mal auflegen durfte, was auch ein sehr emotionaler und persönlicher Moment für mich war. Sie ist also in vielerlei Hinsicht für mich mit Höhe- und Tiefpunkten in diesem Jahr verbunden.“
Johannes Albert:
Percussions – KHLHI (Text Records)
„Diese Platte ist im Frühling 2014 erschienen, ohne viel Heckmeck oder großes Artwork oder Promokampagne dazu. Goldjunge Four Tet hier mal im Percussions-Gewand. Ich weiß nicht, wie der Typ das immer macht, aber der Track hat dann doch wirklich alles, was mir lieb ist. Irgendwie klassisch deep, aber organisch und nicht von der Stange. Dazu eine leicht angefummelte Bassline und anschließend vermutlich das beste: quasi aus dem Nichts schraubt sich ein klassischer LaLaLa-Discoloop, der dann kurz mal 8 Takte antäuscht als ob nun die ganz großen Fanfaren anlaufen. Aber nein – was passiert? Ohne Großraumrauschen geht es direkt wieder über in die unendliche Deepness. Gelaber hin oder her, der Track ist der Hammer und ich hatte das ganze Jahr über immer wieder magische Momente auf den Tanzfluren der Bundesrepublik (die angeblich wegen diesem Track in “House Nation” umgetauft wurde). Die Leute wundern sich gerade in diesem untypischen Break “Hä? Watt nu? Oha? Moment mal?” um sich kurzerhand wieder in der wunderbaren Welt der House-Musik zu verlieren. Gewissermaßen Handsup-gepaart-mit-Träumerei in komprimierten 5 Minuten und 29 Sekunden. Solange solche Platten veröffentlicht werden, bleib ich dabei. dabei. dabei. dabei…“
Johannes Beck:
Kassem Mosse – Untitled B1 (Workshop 19)
„Der Track lief bei mir in Dauerschleife dieses Jahr. Ok, Kassem Mosse ist everybody´s Darling, aber egal! Für mich war hat das Stück irgendwie perfekt ins Jahr 2014 gepasst. Dieser stoische Beat, der sich unaufhörlich weiter vorwärtsbewegt und die Flächen und Sound und die dezenten Vocals, die sich Stück für Stück in die Wahrnehmung schieben – Wahnsinn! Ein Kommentar auf YouTube meint, dass das Popcorn fertig sei (“popcorns ready”) – und das trifft nicht nur auf die Sounds am Ende zu, sondern auch auf das Kopfkino, das dieser Track auslöst. Nicht wie beim Blockbuster, aber wie in einem feinen Programmkino, in einem abgedunkeltem Raum, mit einer Tüte Popkorn und einem Lieblingsgetränk seiner Wahl, wenn man sich der Reise hingibt.“
Oliver Goldt:
Jack J – Something (On My Mind) (Moodhut)
„Mein Track des Jahres, Hilfe! Dürfte ich bitte einen Slot über sechs Stunden in der Panorama Bar bekommen, um sie alle in the mix abzukulten? Was für ein Jahr, Platten über Platten, und so gute noch dazu. Einmal Montagfrüh zehn Minuten länger geduscht, schon habe ich wieder vier verpasst, sold out und so. Das ist Wahnsinn mittlerweile. Das Grouper-Album auf Kranky ist für mich ein unglaublicher Tristess-Spass. Eine Platte, die ich in diesem Jahr aber am häufigsten gespielt habe, ist eigentlich von 2013, ja sogar in der Erstpressung von 2012. Ich habe sie jedoch erst in diesem Jahr, noch zu einem guten Kurs ergattert, danke Tactile Frankfurt. “I love it more than my penis” habe ich darüber als Feedback von Munk auf Soundcloud gelesen, Brüller. I love it ebenso, “The Tambien Project 1” – Percussionbongo, ich habe dich wieder lieb. Meine eigentlichen zwei Tracks des Jahres, ja zwei bitte, sind “Something (On My Mind)” von Jack J und Theo Parrish mit „Petey Wheetfeet“. Unspektakulär, ich weiß, aber wenn es deepjazzy funky groovt, bin ich immer on fire.“
Uta:
Benton – The Callin’ (Benton Beats)
„My favourite dancefloor tune ist definitiv von Benton auf Benton Beats, dem neuen Sublabel von Swamp 81. Er ist zwar gerade erst erschienen, aber hat für mich aus DJ-Sicht alles, was ein guter Track braucht. Ein musikalisches Gebräu aus House, Bass, Broken Beat und FWD. Der Tune ging vom ersten Moment des Hörens ins Ohr und die Füße und macht die Crowd auf der Tanzfläche ganz verrückt. Ich bau ihn gerne in meine DJ-Sets ein. Schöner Dark Garage Track – so wie ich es mag! Anthem! Bomb!“
Cass.:
Adult Jazz – Hum (Spare Thought)
„Ganz tolle Nummer von einer ganz doll unterschätzten Band. Ich kenne nicht zwar viel von denen, vielleicht zwei bis drei Songs, aber das scheint eine sehr entspannte Truppe zu sein.“